Cruella

Film: Cruella
Länge:
134 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 6 Jahren
Regie:
Craig Gillespie
Darsteller:
Emma Stone (Estella/Cruella), Joel Fry (Jasper), Paul Walter Hauser (Horace), Emma Thompson (Baroness), Mark Strong (Boris), Kirby Howell-Baptiste (Anita) u. a.
Genre:
Drama , Komödie
Land:
USA, 2021

Lange Zeit standen in Filmen und Serien „die Guten“ im Vordergrund. In den letzten Jahren wurden dann zunehmend die Schattenseiten der großen Held:innen beleuchtet – und inzwischen kommen nun auch immer mehr „Böse“ dazu, ihre Geschichte zu erzählen. Eine spannende und ziemlich coole Entwicklung, in die sich „Cruella“ erfolgreich einreiht. Die Vorgeschichte über die pelzversessene Exzentrikerin aus „101 Dalmatiner“ hat einen ähnlich verrückt-sympathischen Drive wie „Birds of Prey“, nur eben im gewohnt märchenhaft-glamourösen Disney-Style. Der Film macht einen mitreißenden Deep Dive in die abgefahrene Londoner Modewelt der 70er-Jahre und begleitet den herrlich-rebellischen Charakter der späteren Schurkin auf ihrem nur allzu nachvollziehbaren Rachefeldzug gegen eine alles beherrschende Modeschöpferin. Aber fangen wir von vorne an:

Dass sie anders ist, weiß die junge Estella schon seit ihrer Kindheit. Immer wieder eckt sie in der Schule an und bereitet ihrer unglaublich liebevollen Mutter zunehmend Sorgen. Schließlich müssen die beiden sogar die Stadt verlassen, um woanders neu anzufangen. Doch eine Reihe von Missgeschicken führt dazu, dass ihre Mutter bei einer Feier in einem Schloss, wo sie eine Freundin gerade um etwas Geld bitten wollte, von drei angriffslustigen Dalmatinern von einer Klippe gestoßen wird. Die Hunde waren eigentlich hinter Estella her, nachdem sie eben nicht wie versprochen im Auto gewartet hatte, sondern neugierig durch Schloss gestreunt war. Und so gibt sie sich die Schuld am Tod ihrer Mutter, während sie im Chaos der Ereignisse die Flucht ergreift.

Estella gelangt nach London und baut sich dort mit den zwei jungen Ganoven Jasper und Horace ein neues Leben auf. Dank ihrer Freunde bekommt sie mit der Zeit sogar einen Fuß in die Tür der allmächtigen Modewelt und kommt so ihrem Traum von der großen Karriere als Designerin immer näher. Als sie einen Job bei der berühmt-berüchtigten Baronesse bekommt, die als wichtigste Fashion-Ikone der ganzen Stadt gilt, ist das die langersehnte Chance. Und Estella weiß zu überzeugen. Doch je länger sie für die nicht gerade umgängliche Baronesse arbeitet und auch deren dunkle Geheimnisse kennenlernt, desto mehr schlägt die anfängliche Bewunderung in Wut um. So sehr, dass schon bald mit „Cruella“ eine andere Persönlichkeit in Estella das Ruder übernimmt und einen teuflischen Plan ausheckt.

Hat man Cruella in den Dalmatiner-Filmen noch geradezu gehasst, so hält dieses Gefühl in der von Craig Gillespie („I, Tonya“, „Lars und die Frauen“) inszenierten Vorgeschichte nur vorübergehend an. Denn auf einmal verstehen wir, wie sie so werden konnte – und fühlen mit bei all den Ungerechtigkeiten, mit denen sie auf ihrem Weg konfrontiert wird. Wirklich mögen muss man sie deswegen aber auch nicht, denn erbarmungslos und rachsüchtig ist sie trotzdem, während sie gemeinsam mit fabelhaft inszenierten Coups die selbstgefällige Modewelt auf den Kopf stellt. Selbst gegenüber ihren Ganoven-Freunden, die hier sehr sympathisch von Joel Fry („Svengali – Das Leben, die Liebe und die Musik“, „Game of Thrones“) und Paul Walter Hauser („Blackkklansman“) verkörpert werden, geht sie stellenweise zu weit. Doch gerade diese Zerrissenheit, die sich nicht zuletzt in der unverkennbaren zweifarbigen Frisur widerspiegelt, spielt Oscar-Preisträgerin Emma Stone („La La Land“, „The Amazing Spiderman“) absolut hervorragend. Besonders weil sich ihr Charakter im ständigen Wechselspiel mit Emma Thompson („Die Schöne und das Biest“, „Kindeswohl“) ziemlich eindrucksvoll hochschaukelt. Dadurch vergeht der Film trotz mehr als zwei Stunden Länge wie im Flug.

Letztendlich ist „Cruella“ keines jener Werke, die man unbedingt gesehen haben muss und über die man noch Jahre reden wird. Dafür einer jener Blockbuster, die richtig Bock machen. Vielleicht gerade, weil der Film all den rebellischen Launen ihren Raum gibt, die wir uns im Alltag so oft verkneifen müssen.

Marius Hanke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (21. Woche 2021).