I, Tonya
Schon als kleines Mädchen wird die auf Schlittschuhen äußerst begabte Tonya Harding von ihrer unnachgiebigen Mutter LaVona in die Eishalle gezerrt, damit sie sich irgendwann in einen Kufen-Star verwandelt. Jahre später hat sich die talentierte Sportlerin unter den Fittichen ihrer Trainerin Diane Rawlinson eindrucksvoll weiterentwickelt, bleibt mit ihrem selbst genähten Kostümen und ihrem proletenhaften Auftreten in der eleganten Welt des Eiskunstlaufs jedoch eine Außenseiterin. Obwohl Tonya die erste US-Amerikanerin ist, die mit dem dreifachen Axel eine der schwersten Figuren in einem Wettbewerb steht, muss sie hart um die Gunst der Punktrichter kämpfen und wird von vielen Seiten skeptisch beäugt. Ihrer erbitterten Konkurrentin Nancy Kerrigan liegt die Öffentlichkeit hingegen zu Füßen, was besonders schmerzt, als Tonyas Stern rapide zu sinken beginnt. Um ihre Chancen bei der US-Meisterschaft im Jahr 1994 zu erhöhen und ihr eine Teilnahme bei Olympia zu sichern, bringt ihr Ex-Mann Jeff Gillooly, zu dem sie trotz Scheidung weiterhin Kontakt hält, schließlich ein Komplott ins Rollen, das mit einem Schlagstockangriff auf Kerrigan endet – und Tonya in einen der größten Skandale der US-Sportgeschichte verwickelt.
Hardings turbulente, mit absurden Wendungen gespickte Lebensgeschichte schreit förmlich nach einer filmischen Aufarbeitung. Regisseur Craig Gillespie (The Finest Hours, Lars und die Frauen, Mr. Woodcock) nähert sich dem qualvollen Aufwachsen der ehemaligen Eiskunstläuferin, ihrer problembeladenen Ehe mit Jeff und dem aufsehenerregenden Anschlag von 1994 auf betont satirische Weise. Statt bloß brav und artig unterschiedliche Stationen und Episoden abzuklappern, wirft „I, Tonya“ fortlaufend pseudodokumentarische Interviewausschnitte ein, in denen die Protagonisten ihre Sicht der Dinge darlegen. Regelmäßig treten dabei Widersprüche zu Tage, was die Filmemacher schon am Anfang in einem bewusst ironisch gehaltenen Hinweistext ankündigen. Mehr als einmal durchbrechen die Figuren außerdem die vierte Wand und richten sich mit ihren augenzwinkernden Kommentaren direkt an das Publikum. Schnittige Musikstücke tun ihr Übriges, um der Sportlerbiografie einen dynamisch-kurzweiligen Anstrich zu verleihen. Besonders irrwitzig und abgedreht fällt die Rekonstruktion des Angriffs auf die arglose Nancy Kerrigan aus, bei dem sich Jeff, sein größenwahnsinniger Kumpel Shawn und die eingekauften Schläger als Volltrottel entlarven. Auch wenn Gillespie und Drehbuchautor Steven Rogers („Alle Jahre wieder – Weihnachten mit den Coopers“) einige bestürzend dramatische Momente einfangen und einen durchaus kritischen Blick auf die Sensationsgier der Medien werfen, verwässert ihr vorwiegend schwarzhumoriger Ansatz in manchen Situationen den tragischen Kern des Films. Immerhin wird Tonya von ihrer gefühlskalten Mutter – Allison Janney erhielt für ihre furiose Darbietung einen Oscar – grausam getriezt und schleppt ihre Herkunft aus der Unterschicht, dem sogenannten „White Trash“, wie einen Klotz am Bein mit sich herum. Während die junge Frau händeringend nach echter Liebe und Anerkennung sucht, stürzt sie sich in eine höchst ungesunde Beziehung mit Jeff, in der Gewalt permanent eine Rolle spielt. Gerade dieser Umstand wird durch die satirische Gestaltung etwas verharmlost, obwohl er eigentlich zutiefst erschütternd ist.
DVD Extras: Making of
Blu-ray Extras: Making of
Christopher Diekhaus
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch