Mech Cadets (Staffel 1)

Vieles von dem, was uns in Filmen, Serien und Co begegnet war in leicht veränderter Form schon einmal da. Der Gag wurde bereits gemacht, die Kameraeinstellung bereits irgendwo verwendet – und diese oder jene stereotype Figur ist genau genommen auch nur die x-te Reinkarnation. Nicht zwangsläufig geschieht dies wissentlich, häufig geht es auf eine Mischung aus medialen Erfahrungen und Eindrücken zurück, die sich aus Jahrzehnten an Unterhaltung speisen. Und manches ist auch schlichtweg zu gut, um es nur einmal (so) zu erzählen. Die für Netflix produzierte Animationsserie „Mech Cadets“ ist ein Paradebeispiel für dieses popkulturelle Phänonen. Vieles könnte der ein oder anderen SciFi-suchtenden Person also vertraut vorkommen.

Worum es in der ersten Staffel „Mech Cadets“ geht:

Die Erde wurde dereinst von einer Spezies krabbenartiger Aliens, den Shargs, angegriffen. Sie konnten nur mithilfe außerirdischer Riesen-Roboter zurückgedrängt werden, die sich mit menschlichen Teen-Pilot*innen verbinden müssen, um optimal gegen die Invasoren kämpfen zu können. Jahre später steht wieder ein Auswahlverfahren ins Haus und der junge Stanford träumt davon, auch von einem Mech als Pilot erwählt zu werden – obwohl er als Sohn der Hausmeisterin der Akademie junger Pilot*innen nicht wirklich zur engeren Auswahl zählt. Doch durch eine Verkettung von Ereignissen erhält er dennoch eine Chance, sich zu beweisen – gerade rechtzeitig, denn die Shargs planen, erneut die Erde anzugreifen …

Lohnt sich die animierte Science-Fiction-Actionserie?

Junge Menschen müssen riesige Roboter steuern, um die Erde vor externen Gefahren zu bewahren. Nicht nur der US-Film „Pacific Rim“ nutzt diese Grundidee, im japanischen Zeichentrickfilmen und -serien ist dies quasi die Grundzutat. So kommt es nicht von ungefähr, dass „Mech Cadets“ wie eine für ein jüngeres Publikum intendierte Neuauflage der massiv erfolgreichen Anime-Serie „Neon Genesis Evangelium“ wirkt – auch wenn „Mech Cadets“ mitunter sogar Anleihen an den Horror-Klassiker „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ macht. Aber hey, wenn schon sollte man bei den Besten klauen, oder? Aber genau hier liegt der Knackpunkt des Ganzen: „Mech Cadets“ wirkt wie eine Art „Best Of“, ein Mix aus allem, was das Science-Fiction-Genre so zu bieten hat. Da vermischen sich die bereits erwähnten Genre-Meilensteine mit „Young Adult“-Beiträgen wie „Ender's Game“ zu einer durchaus kurzweiligen, aber letztlich schnell vergessenen Melange. Alles haben wir anderswo irgendwie schon einmal besser gesehen – es sei denn, „Mech Cadets“ ist der erste Ausflug in diese audiovisuellen Gefilde.

Hinzu kommt eine Animation, die sich nie zwischen Realismusanspruch und Cartoon entscheiden kann. In Folge dessen bewegen sich die Figuren etwas ruppig und gefühlt immer etwas zu langsam, nur in den Roboterkämpfen wird sich getraut, etwas aus sich herauszugehen. Die Figuren bleiben zudem blass und uninteressant, die Roboter werden nie ganz eindeutig charakterisiert. Sind sie unabhängig? Brauchen sie die Menschen wirklich? Und wenn ja, warum? Vielleicht lässt sich die Serie hier auch nur noch Spielraum für eine weitere Staffel. Albern wirkt es aber mitunter dann, wenn die Gunst der Roboter durch einen Fitnessparcour und einen anschließenden Faustkampf errungen wird. Seltsame Auswahlkriterien für eine solch wichtige Aufgabe! „Mech Cadets“ ist daher leider nicht mehr als mediales Fast Food: voller durchaus wohlschmeckender, aber leerer Kalorien, die nur kurzfristig satt machen und schon bald den Hunger nach etwas Gehaltvollerem wecken. Im schlechtesten Fall kann zu einer Magenverstimmung kommen. Also vielleicht lieber direkt zum großen Vorbild „Neon Genesis Evangelion“ greifen!

Jan Noyer