Wicked Blood

„Fresh“ hat es 1994 vorgemacht, nun setzt Regisseur Mark Young mit „Wicked Blood“ ein sehr ähnliches Prinzip um: Ein Kind projiziert die Gesetze des Schachspiels auf die reale Welt und bootet so mit taktischer Gewandtheit die bösen Jungs aus.
Die Teenagerin Hannah hat alles andere als eine leichte Kindheit: Ihre Eltern sind tot. Ihr Onkel Donny, bei dem Hannah und ihre ältere Schwester leben, ist zwar ein lieber Kerl, doch seinen Lebensunterhalt verdient er damit, Drogen zu kochen – für ihren anderen Onkel Frank. Der ist der ungekrönte König der Stadt, alle größeren illegalen Geschäfte laufen über ihn. Und Frank lässt sich nicht gerne über den Tisch ziehen, deswegen regiert er sein kleines Verbrecherkartell mit eiserner Hand und geladener Waffe. Auch Donny und die beiden Mädchen müssen sich seinem Willen beugen. Dadurch können die drei nicht so leben, wie Hannah sich das so sehr wünscht: als Familie. Doch das Mädchen ist eine leidenschaftliche Schachspielerin und dadurch auch geübte Taktikerin. Also beschließt sie, auch im wahren Leben die Figuren Zug um Zug auszuspielen – in der Jagd auf den König.

Das Prinzip der Schachmetapher ist bereits aus dem Film „Fresh“ bekannt, wo ein kleiner Junge zwei Drogenbosse gegeneinander ausspielt. Bei „Wicked Blood“ wird es sehr ähnlich umgesetzt, doch das Setting ist hier mit der verhältnismäßig friedlichen Kleinstadt ein anderes. Außerdem ist es nun ein junges Mädchen, das sich gegen die Erwachsenenwelt durchsetzt. Dadurch gewinnt die Thematik zusätzliche Intensität, denn die Protagonistin und ihr Gegenspieler könnten – trotz Verwandtschaft – nicht gegensätzlicher sein. Der Film arbeitet mit Stereotypen, aber in einem Maße, das der Atmosphäre keinen Abbruch tut. Und es hat etwas Besonderes, z. B. dem drogensüchtigen Donny dabei zuzusehen, wie er sich in seinem Zimmer einschließt, einen Schuss setzt und dann bei laut aufgedrehter Musik tanzt. In solchen Momenten ist da kein Stereotyp mehr, sondern eine Lebensgeschichte, die sich in dieser Momentaufnahme widerspiegelt. Zudem ist die Protagonistin in jedem Fall ein außergewöhnlicher Charakter. Hauptdarstellerin Abigail Breslin (Little Miss Sunshine), die schon in The Call die Verwandlung vom hilflosen Mädchen zur erwachsenen Frau durchgemacht hat, verkörpert diesen Schritt auf eindrucksvolle Weise. Aber letztendlich ist sie vor allem so, wie Onkel Donny sie beschreibt: „schlau wie ein Fuchs und störrisch wie ein Maultier“. Leider fehlt dem Film stellenweise die Tiefe, doch insgesamt handelt es sich bei „Wicked Blood“ doch um einen sehenswerten Titel.

DVD-Bildformat:1:1,85; 16:9
Ton:Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
DVD-Extras:Interviews, Trailer, Bildergalerie

Marius Hanke