Run - Du kannst ihr nicht entkommen
Mit dem Thriller „Searching“, der sich ausschließlich auf Computer- und Handybildschirmen abspielt, legte Regisseur und Drehbuchautor Aneesh Chaganty 2018 ein packendes, wenn auch leicht überkonstruiertes Spielfilmdebüt vor. Sein Gespür für schweißtreibende Spannungsunterhaltung beweist er einmal mehr mit seiner zweiten abendfüllenden Arbeit „Run – Du kannst ihr nicht entkommen“, die – der alarmierende deutsche Untertitel nimmt es bereits vorweg – ein handfestes Bedrohungsszenario entwirft.
Aufopferungsvoll kümmert sich Diane Sherman um ihre an den Rollstuhl gefesselte Tochter Chloe, die unter zahlreichen Krankheiten leidet. Eine Schule kann die Teenagerin nicht besuchen und wächst, unterrichtet von ihrer Mutter, in nahezu vollständiger Isolation auf. Dennoch möchte die 17-Jährige schon bald ein Studium beginnen und hofft jedes Mal, wenn der freundliche Postbote Tom vorbeischaut, endlich eine Zusage zu erhalten. Dass ihre Mutter stets vor ihr die Briefsendungen abfängt, macht die Jugendliche anfangs nicht sonderlich stutzig. Als Diane ihr eines Tages jedoch Tabletten verabreichen will, die auf ihren eigenen Namen ausgestellt sind, schöpft Chloe erstmals Verdacht. Hütet der Mensch, dem sie bislang stets vertraut hat, etwa ein dunkles Geheimnis? Die junge Frau wird diesen Gedanken nicht mehr los und stellt daher Nachforschungen an, die Diane nicht lange verborgen bleiben.
Aneesh Chaganty und Mitautor Sev Ohanian scheren sich nicht groß um differenzierte Figurenporträts und ausgeklügelte Twists, sondern konfrontieren uns mit einer beklemmenden häuslichen Atmosphäre, aus der sich Chloe zwingend befreien muss. Verglichen mit dem Debütwerk „Searching“, dessen wendungsreiches Drehbuch die beiden ebenfalls gemeinsam zu Papier brachten, ist „Run – Du kannst ihr nicht entkommen“ fast schon provokativ geradlinig. Ansprüche, die über den Nervenkitzel hinausgehen, verfolgt der Film offenkundig nicht. Das, was er erreichen will, tut er allerdings mit beachtlicher Effektivität. Immer wieder gibt es Momente zum Nägelkauen. Augenblicke, in denen man gebannt mit der eingeschränkt mobilen Chloe mitfiebert. Zum Beispiel dann, wenn sie, während ihre Mutter im Garten beschäftigt ist, verzweifelt versucht, über das Telefon Näheres über die ominösen Medikamente herauszufinden. An einigen Klischees kommen Chaganty und Ohanian zwar nicht vorbei. Chloe erfährt etwa auf recht billige Weise die – nicht gerade verblüffende – Wahrheit über ihre Mutter. Bis zum eher unspektakulären Finale dreht der mit rund 85 Minuten Nettolaufzeit knackig-kurze Reißer jedoch so unnachgiebig an der Spannungsschraube, dass man zumeist bereitwillig über seine inhaltlichen Beschränkungen hinwegsieht. „Run – Du kannst ihr nicht entkommen“ ist nach der Sichtung schnell vergessen. Als Zeitvertreib für zwischendurch taugt der kammerspielartige Thriller aber allemal. Nicht zuletzt, weil sich Kiera Allen, die auch im wahren Leben einen Rollstuhl benutzt, und die mit schauderhafter Entschlossenheit auftrumpfende Sarah Paulson („Bird Box – Schließe deine Augen“, „Die Verlegerin“, „Mud – Kein Ausweg“) einen ordentlichen Schlagabtausch liefern.
Christopher Diekhaus
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch