Missing

Film: Missing
Länge:
111 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
23.02.2023
Regie:
Will Merrick, Nick Johnson
Darsteller:
Storm Reid (June), Nia Long (Grace), Ken Leung (Kevin), Joaquim de Almeida (Javi), Amy Landecker (Heather) u. a.
Genre:
Thriller , Krimi , Drama
Land:
USA, 2023

Unser Alltag wird immer digitaler. Smartphones sind ständige Begleiter. Permanent blicken wir auf Bildschirme, nehmen Ausschnitte der Welt darüber wahr. Schon seit einigen Jahren tragen Filme dieser Entwicklung Rechnung, indem sie konsequent aus einer Computer- oder Handyperspektive erzählen. Einer der gelungensten Beiträge zu diesem als Desktopkino bezeichneten Trend ist der 2018 veröffentlichte Crimethriller „Searching“, der die Suche eines Vaters nach seiner verschwundenen Tochter einzig über diverse Screens schildert. Die beiden Schöpfer Aneesh Chaganty und Sev Ohanian stecken als Ideengeber und Produzenten nun auch hinter dem Nervenkitzler „Missing“, den man als eine Art Fortsetzung bezeichnen kann. Im Zentrum stehen andere Figuren. Das visuelle Konzept bleibt aber gleich. Und erneut dreht sich alles um einen rätselhaften Vermisstenfall.


Worum es im Thriller „Missing“ geht:


June mag ihre Mutter Grace, ist manchmal aber auch ganz schön angenervt von ihrer überfürsorglichen Ader. So wie jetzt, da Grace mit ihrem Partner Kevin nach Kolumbien fliegen will. June freut sich auf ein bisschen Freiheit, erfährt vor der Abreise jedoch, dass eine gute Freundin ihrer Mutter zwischendurch vorbeischauen soll. Als die Teenagerin Grace und Kevin nach dem Urlaub, wie vereinbart, am Flughafen abholen will, wartet sie vergeblich. Da niemand auf ihre Anrufe und Nachrichten reagiert, wendet sich June zunächst an die Behörden. Unzufrieden mit den schleppend anlaufenden Ermittlungen betreibt sie schließlich von ihrem heimischen Laptop aus eigene Nachforschungen – und ist besorgt über das, was sie schon bald herausfindet.


Warum „Missing“ trotz Schwächen packt?


Fangen wir mit den negativen Punkten an: Gegen Ende übertreibt es das Regie- und Drehbuchgespann Nick Johnson und Will Merrick ein wenig mit den Wendungen des Plots und handelt ein plötzlich neu aufpoppendes brisantes Thema etwas oberflächlich ab. Zudem wirkt die Desktopsicht im Schlussspurt erzwungen, nicht mehr so natürlich. Ähnlich wie „Searching“ ist der Nachfolger überkonstruiert, schleppt logische Brüche mit sich herum, gleicht das aber mit hohem Tempo und einer effektiv zum Mitfiebern einladenden Story aus. Schon Storm Reids überzeugende Performance zieht uns in das Geschehen hinein. Bereitwillig folgen wir der jungen Frau bei ihrer Jagd nach Hinweisen, die zwischen Google-Diensten, Video-Calls, Chatprogrammen, Nachrichtenclips und den Aufnahmen von Überwachungskameras hin- und herspringt.

Was schon der Vorgänger gezeigt hat, wird auch in „Missing“ deutlich: Die Beschränkung auf Bildschirme ist keineswegs langweilig und monoton, sondern kann ganz schön dynamisch sein. Abermals lässt uns der Film über seine spezielle Form der Präsentation in die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren eintauchen. Dass June eine „Ich liebe dich“-Nachricht von Grace nur mit einem Daumen-hoch-Emoji beantwortet, sagt etwas über das nicht ganz konfliktfreie Verhältnis zwischen Mutter und Tochter aus. Der Schmerz der Teenagerin über den frühen Verlust ihres Papas wird spürbar, als sie sich durch einige Instagram-Posts klickt, auf denen Freundinnen am Vatertag mit ihren Dads posieren. Junes Recherchen führen uns einerseits vor Augen, wie angreifbar online verfügbaren Daten und Accounts sind, wie leicht man Profile knacken und in die Privatsphäre anderer Menschen eindringen kann. Parallel vermittelt „Missing“ aber auch die Möglichkeiten unserer digitalen Welt. So stößt unsere Protagonistin über einen Aufräumservice, den sie nach einer Hausparty gebucht hat, auf eine Partneragentur in Kolumbien und kommt über diese in Kontakt mit dem hilfsbereiten Javi. Während sie tausende Kilometer entfernt vor ihrem Laptop sitzt, geht er am letzten bekannten Aufenthaltsort ihrer Mutter auf Spurensuche. Zwischen June und Javi entwickelt sich schnell eine vertrauensvolle Beziehung, die in kleinen Ruhepausen erforscht wird. Ebenfalls ein cooler Einfall ist der Seitenhieb auf den seit einigen Jahren grassierende True-Crime-Hype. Gleich zu Beginn schaut sich June eine Folge einer fiktiven Serie über reale Verbrechen an, die den Fall aus „Searching“ nachstellt. Kurz vor Ende greifen Johnson und Merrick diesen Aspekt noch einmal mit einem Augenzwinkern auf.

Christopher Diekhaus

Anbieter

FilmverleihSony Pictures Entertainment