Der Hauptmann

Film: Der Hauptmann
Prädikat besonders wertvoll
Länge:
114 Minuten (Blu-ray: 119 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
15.03.2018
Regie:
Robert Schwentke
Darsteller:
Max Hubacher (Willi Herold), Milan Peschel (Freytag), Frederic Lau (Kipinski), Bernd Hölscher (Schütte), Waldemar Kobus (Lagerleiter Hansen), Alexander Fehling (Hauptmann Junker) u. a.
Genre:
Drama , Historienfilm , (Anti-)Kriegsfilm
Land:
Deutschland, Polen, Frankreich , 2017

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs befinden sich große Teile der deutschen Wehrmacht im Osten in Auflösung. Auch der 19-jährige Gefreite Willi Herold denkt nur an Flucht. Dabei entdeckt er in einem liegengebliebenen Militärfahrzeug eine neuwertige Hauptmannsuniform – wie maßgeschneidert für ihn. Ehe er es sich versieht, sammeln sich weitere versprengte Soldaten um Herold, die bereitwillig auf seine Befehle warten. Um nicht aufzufliegen, spielt er seine Offiziersrolle weiter und schreckt nicht davor zurück, demonstrativ einen plündernden Soldaten zu erschießen. Der Kontrolle seiner Papiere entgeht er mit der Behauptung, er sei mit seinen Männern auf Sondereinsatz vom Führer selbst, um von der Lage hinter der Front zu berichten. Der Kommandant eines Straflagers voller Deserteure ist gerne bereit, diese Behauptung zu glauben. Er erhofft sich von Herold, dass dieser, an der Rechtslage vorbei, kurzen Prozess mit den unliebsamen Gefangenen macht. Und tatsächlich, möchte Herold ein Exempel setzen und lässt 30 Gefangene vor einer Grube erschießen, die diese zuvor ausgehoben hatten. Bomber der Alliierten machen das Lager am nächsten Tag dem Erdboden gleich. Doch Herold überlebt und zusammen mit weiteren Gefolgsleuten zieht er als „Schnellgericht Herold“ in die nächste Stadt, um diejenigen zu exekutieren, die bereits die weiße Flagge gehisst hatten.

Spätestens seit den beiden umstrittenen Wehrmachtsausstellungen ab 1995 weiß auch die Öffentlichkeit, dass die deutsche Wehrmacht aktiv am Vernichtungskrieg der Nationalsozialisten beteiligt war. Dennoch mag man kaum glauben, dass ein einfacher 19-jähriger Soldat aus den hinteren Reihen der Täter systematisch solche Gräueltaten begehen konnte, wie sie im Film ausführlich gezeigt werden. Doch die Geschichte des Gefreiten Herold, der als Kriegsverbrecher am 14. November 1946 mit sechs seiner Komplizen hingerichtet wurde, ist durch Zeugenaussagen und Dokumente belegt. Unabhängig von diesem Fall gibt es zahlreiche Untersuchungen, die zeigen, wie das bloße Tragen einer Uniform einen Menschen verändern, sich die Ausübung von Macht durch gruppendynamische Prozesse verselbstständigen und jedes ethisch-moralische und juristische System aushebeln kann. Dass solche psychosozialen Mechanismen nicht nur in der Geschichte ihre Gültigkeit besaßen, sondern bis heute funktionieren, demonstriert Regisseur Robert Schwentke (Die Bestimmung - Allegiant, Die Frau des Zeitreisenden) mit einem exzellenten Darstellerensemble eindrucksvoll am Ende seines in Schwarzweiß gehaltenen Films, wenn er das „Sonderkommando Herold“ in einer fiktionalen, geradezu dokumentarisch wirkenden Schlussinszenierung in eine gegenwärtige bundesdeutsche Kleinstadt schickt. Ein wichtiger, sperriger und nicht leicht zu ertragender Film, der einfache Vorstellungen von Gut und Böse über den Haufen wirft und nachdenklich stimmt.

DVD Extras: Behind the Scenes, Entfallene Szene, Interviews, Storyboard-Film-Vergleich, Musikvideo, Featurette, Trailer

Blu-ray Extras: Behind the Scenes, Entfallene Szene, Interviews, Storyboard-Film-Vergleich, Musikvideo, Featurette, Trailer

Holger Twele

Weitere Angaben

Filmtyp: S/W

Sprachen: Deutsch, Dt. f. Sehg.

Untertitel: Dt. f. Hörg.

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (36. Woche 2018).