Glass
Rund achtzehn Jahre nach Unbreakable – Unzerbrechlich und zwei Jahre nach Split treffen der übermenschlich starke Held David Dunn und der psychotische Bösewicht Kevin Wendell Crumb endlich aufeinander – so wie es Regisseur und Drehbuchschreiber M. Night Shyamalan bereits ursprünglich geplant hatte. Das Ergebnis kommt leider nicht an die Vorgänger heran, kann sich aber trotzdem lohnen.
Viele Jahre nach dem Zugunglück, dass er dank seiner außergewöhnlichen Körperstärke als einziger überlebt hat, macht sich David mit Unterstützung seines Sohnes Joseph regelmäßig auf Verbrecherjagd. Gerade sind sie hinter einem Serienmörder her, der wieder eine Gruppe von College-Mädchen entführt hat. Durch einen Zufall findet er die Mädchen in einer alten Ziegelei und führt einen erbitterten Kampf mit dem ebenfalls außergewöhnlich starken Entführer – um dann mitten in der Rangelei von einem Polizeiaufgebot festgenagelt zu werden. Kurze Zeit später findet er sich in der Psychiatrie wieder – unter der Aufsicht von Dr. Ellie Staple, die spezialisiert ist auf Menschen mit Superheldenkomplex. Der Entführer ist ebenfalls in der Klinik: Kevin Wendell Crumb, der ausgelöst durch Erfahrungen in seiner Kindheit an einer dissoziativen Identitätsstörung leidet und nun in seinem Körper mehr als 20 sehr unterschiedliche Persönlichkeiten vereint. Sie bezeichnen sich selbst als „die Horde“ und werden angeführt von einer „Bestie“ mit übermenschlichen Fähigkeiten. David ist schockiert darüber, dass sie diesen Mann nicht besser wegsperren, aber er findet auch keine Gelegenheit, sich zu befreien und selbstständig einzugreifen. Dabei ahnt er zunächst noch gar nicht, dass auch sein alter Bekannter und selbsternannter Bösewicht „Mr. Glass“ Insasse in dieser Einrichtung ist. Während Dr. Staples versucht, den Dreien bewusst zu machen, dass sie eigentlich bloß ganz normale Menschen sind, plant der nämlich bereits den gemeinsamen Ausbruch mit einem zerstörerischen Showdown, um sich der ganzen Welt zu offenbaren. Schon bald liegt es wieder allein an David, weitere Tode zu verhindern.
Wer die Vorgänger dieser eher unkonventionellen Trilogie bereits gesehen hat, wird vermutlich um „Glass“ nicht herumkommen. Hier verbinden sich noch einmal die Handlungsstränge zu einem großen Finale – wie von Shyamalan gewohnt natürlich mit einigen Überraschungen. Schön ist dabei vor allem wieder die der Heldengeschichte zugrunde liegende Meta-Ebene, mit der sich der Regisseur dem geliebten Medium Comics widmet: Denn während die Psychiaterin die Fähigkeiten der Drei als übersteigerte Interpretation unter den Einflüssen von Comic-Vorstellungen zu erklären versucht, sieht der Fäden ziehende Mr. Glass die Comic-Geschichten vielmehr als verzerrte Dokumentation darüber, wozu der Mensch in Wahrheit fähig ist. Er gibt damit sowohl sich selbst als auch der Comic-Welt eine zusätzliche Daseins-Berechtigung. Nur um all die Anspielungen wirklich schätzen zu können, sollte man wohl auch selbst ein bisschen Comic-Nerd sein. Dann macht es auch nichts aus, dass Shyamalan hier ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen ist.
Ansonsten ist „Glass“ ein solider Thriller, der vor allem von der absolut großartigen schauspielerischen Leistung von James McAvoy in der Rolle des Kevin lebt. Die vielen Persönlichkeiten sind auch mit ihren plötzlichen Wechseln faszinierend intensiv verkörpert und es fühlt sich ein bisschen so an, wie einem wirklich guten Zauberkünstler bei seinen besten Tricks zuzusehen. In Kombination mit Bruce Willis (Stirb Langsam 4.0, R.E.D. – Noch älter, härter, besser) als David und Samuel L. Jackson (Marvel’s The Avengers, Django Unchained) als Mr. Glass kommt das natürlich noch besser. Wer also keine Bedenken wegen der etwas überzogenen Komplexität des Films hat und auf Taschenspielertricks steht, sollte auf jeden Fall einen Blick wagen.
Marius Hanke
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Ungarisch
Untertitel: Deutsch, Italienisch, Polnisch, Ungarisch