Young Royals (Staffel 1)
Ab ins Internat! Der rebellische Prinz Wilhelm soll dort das Handwerkszeug zum Regieren und würdiges Auftreten erlernen. Die neue Serie „Young Royals“ aus dem Hause Netflix erkundet die Schwierigkeiten des Heranwachsens in elitären Kreisen und zeigt: Das Leben als Prinz (oder Prinzessin) ist alles andere als einfach.
Worum es in der Netflix-Serie „Young Royals“ geht:
Eigentlich will Wilhelm nur ein ganz normaler Teenager sein, mit ganz normalen Problemen. Doch ein nächtlicher Trip in einen Club hat Konsequenzen für ihn. Wilhelm ist eben kein ganz normaler Teenager. Er ist der Prinz von Schweden. Und auch wenn er hinter seinem großen Bruder Erik nur die Nummer 2 in der Thronfolge ist, erwarten seine Eltern ein gewisses Benehmen von ihm, vor allem in der Öffentlichkeit. Die Konsequenzen seiner kleinen Eskapade, die mit Handgreiflichkeiten und einem viral gegangenen Videomitschnitt fatal endete, sind unbequem: Wilhelm muss nicht nur vor laufender Kamera eine förmliche Entschuldigung seines Fehlverhaltens an die Nation deklarieren, sondern zur Buße und Beschwichtigung des öffentlichen Skandals ins renommierte Elite-Internat Hillerska umsiedeln. Dort wurde schon sein großer Bruder zum künftigen Staatsmann und Regenten ausgebildet.
Das Fass, das die Serie in dieser neuen Umgebung aufmacht, ist altbekannt: Am Internat wuselt nicht nur die junge Schickeria Schwedens herum, sondern auch ein paar Stipendiat*innen aus ärmeren Verhältnissen, die die exklusive Chance auf einen herausragenden Bildungsabschluss und gesellschaftlichen Aufstieg bekommen. Unter ihnen ist Simon, der die Aufmerksamkeit des neuangekommenen Prinzen gleich bei der Begrüßungszeremonie durch seine engelsgleiche Chorstimme erringt. Früh stellt sich heraus, dass Simon offen schwul ist und auch die fiesen Herablassungen zu seiner „niederen“ Abkunft von Wilhelms schmierigem Cousin August reichlich selbstbewusst zu parieren versteht. August wiederum wacht, beauftragt von Wilhelms großem Bruder Erik mit Argusaugen über jeden Schritt des königlichen Sprösslings. Mit seiner aufdringlichen Art funkt er immer in den unpassendsten Momenten dazwischen und stört die zaghaften Annäherungen zwischen Wilhelm und Simon. Die Komplikationen werden vervollständigt durch Simons Schwester Sara, die das Asperger-Syndrom hat, sowie der adligen Felicie, die ihrerseits mit Minderwertigkeitskomplexen und Liebeskummer hadert.
Dass so ein Prinzessinnen- oder Prinzenleben nicht leicht ist und viele Verpflichtungen mit sich bringt, signalisiert die Serie gleich zu Anfang: „Du musst die Fassade aufrechterhalten.“, wird Wilhelm gleich in der ersten Folge von seinem großen Bruder gesagt. Nicht nur um seiner selbst willen, sondern auch, weil jede rufschädigende Bewegung immer auf die gesamte königliche Familie zurückfällt. Dieses Hin- und Hergerissen sein zwischen einer solchen Bürde, das eigene Selbst nicht ausleben zu können, wird noch dadurch zugespitzt, dass Wilhelm sich von Simon angezogen fühlt, und eben nicht zu einer Frau wie etwa die wohlhabende Felicie, die das Fortbestehen seines Stammbaums sichern könnte. Ein schwuler Prinz? Das Dilemma verschärft sich, als eine Tragödie eintritt, die die Ausgangslage zusätzlich verschärft. Die Entscheidung, die Wilhelm schließlich treffen muss, könnte die gesamte Monarchie Schwedens erschüttern…
Lohnt sich die Netflix-Serie „Young Royals“ für mich?
Zugegeben, die Ausgangssituation der „Young Royals“ ist alles andere als neu: Vertreter konträrer Gesellschaftsschichten (Reich/Arm) treffen aufeinander, Konflikte sind vorprogrammiert und im Handlungsverlauf dürfen beide natürlich voneinander lernen – Die Reichen die Moral und die Armen, dass die Exklusivität des Reichseins sowie alle damit einhergehenden Privilegien eben kein unbedingter Spaß sind. Herz der Serie ist hierbei Prinz Wilhelm selbst, der mit seiner Rolle sichtlich überfordert ist. Was der permanente Druck und die krasse Erwartungshaltung an einem jungen Menschen wie ihm anrichten kann, äußert sich bei ihm in Form nervöser Ticks (Fingernägelkauen), innerer Unruhe und einer ständigen, quälenden Unsicherheit. Jedes ausgesprochene Wort wiegt schwer, jede Regung könnte einen Shitstorm auslösen. Wie gut, dass er in Simon Verständnis und Vertrauen findet. Und wie grausam, dass dieser Romanze massenweise Hürden gegenüberstehen.
Bemerkenswerter und überraschender als der eigentliche Handlungsverlauf der Serie ist jedoch vor allem das diverse Casting und die dramaturgische Entscheidung, sich von der MTV-Popästhetik anderer Highschool-Serien abzugrenzen: So sind die „Young Royals“ weit entfernt davon, den Zuschauer*innen makellose Gesichter mit unnatürlich weißen Zähnen oder Werbeclip-mäßig durchtrainierte Bodys in die Kamera zu halten. Im Gegenteil: Die Pubertät ist den Darsteller*innen noch sichtbar eingeschrieben, am sichtbarsten wohl sogar dem Prinzen selbst, dessen Wangen deutlich von Akne gezeichnet sind, die man nicht mit Make-up oder nachträglichen Farbfiltern wegretuschiert hat. Diese realitätsnahe Unverblümtheit ist erfrischend ehrlich und in diesem Format bislang ausgesprochen selten. Prinzessinnen und Prinzen sind eben auch nur… menschlich.
Nathanael Brohammer
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Schwedisch