West Side Story (2021)
Die Geschichte ist bekannt, oder besser gesagt, es ist die bekannteste Liebesgeschichte der Welt: Romeo und Julia in den 1950er Jahren in New York, zerrissen in einem Bandenkrieg zwischen weißen amerikanischen Halbstarken und einer jungen Einwanderergeneration von Puertoricanern. In „West Side Story“ heißen die Liebenden Tony und Maria, ihre Liebe ist ebenso rein und unerschütterlich wie bei der Vorlage von Shakespeare.
Worum es in „West Side Story“ geht:
Alles sieht so aus, wie es aussehen muss oder wie man sich New York als Sehnsuchtsort vorstellt: Aus den Gummideckeln qualmt es, malerische Ruinen und Leuchtschriften säumen leere nächtliche Großstadtstraßen irgendwo in einem heruntergekommenen Viertel. Tagsüber liefern halbverfallene Lagerhallen am Hudson River die Schauplätze für erbitterte Bandenkriege, Feuertreppen und Hinterhöfe mit endlosen Wäscheleinen den malerischen Hintergrund für das Liebesgeplänkel. Bei Tony und Maria ist es Liebe auf den ersten Blick. Bei einer Tanzveranstaltung, bei der rivalisierende Gangs aufeinander prallen, sehen sich die beiden zum ersten Mal. Nach einem kurzen Gespräch in einem Lagerraum küsst Maria Tony und es ist um ihn geschehen. Aber Marias Bruder Bernardo wacht über die Schwester. Ein weißer Freund, noch dazu ehemaliger Anführer der Erzfeinde? Das kommt auf keinen Fall in Frage. Maria ist mit Bernardos Verlobten Anita eng befreundet, die Drei leben zusammen. Aber dann eskalieren die Ereignisse und Anita löst durch einen Verrat an Maria tragische Missverständnisse aus ...
Was dich in der Neuverfilmung erwartet:
Die Gesangsleistung, sowohl von den beiden Hauptfiguren als auch von den Gesangsneulingen, ist wirklich beeindruckend. Und auch die Tanzchoreografien sind fantastisch: farbenprächtig, temperatmentvoll, perfekt. Aber Perfektion kann manchmal ganz schön langweilig sein, trotz all der tollen Kamerafahrten und energiegeladenen Tanzeinlagen. Die Dialogszenen lassen sich Zeit, liefern aber wenig Inhalt. Sie sollen „das Einwanderermilieu“ beschreiben, verbleiben aber auf musicaltypischen Verinfachungen. Das ist in Ordnung, aber auch nicht besonders interessant. Regisseur und Hollywood-Hit-Garant Steven Spielberg wollte sich eng ans Original halten. Das hat er getan. Ob er dem Stoff damit einen Gefallen getan hat, ist zumindest fraglich. Schließlich hätte es so viele Möglichkeiten gegeben: Humor reinbringen, von echtem Schmutz und echter Verzweiflung erzählen, die Ereignisse ins Jetzt übersetzen oder oder oder. Auch naheliegend: Eine Auseinandersetzung mit Themen wie Einwanderung, Entwurzelung, Nationalität, Heimat, Vorurteilen, Gewaltspiralen ... – manches wird angerissen, insgesamt verbleibt die Neuverfilmung aber ganz in der Logik des Originals und liefert so keinerlei Verweise auf Heute.
Unser Fazit zu „West Side Story“:
Furiose Tanzszenen, wunderschöne Filmsets und farbenprächtige Kostüme sowie tolle Hauptdarsteller:innen – Für Romantikfans sicherlich ein Genuss, ansonsten schleppt sich die Adaption des Musicalklassikers durch Steven Spielberg überraschend zäh dahin. Vielleicht hätte ein bisschen weniger Ehrfurcht vor dem Original dieser Kinoversion gut getan.
Christiane Radeke
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe