Weiter als der Mond

Für die neunjährige Caro aus einem kleinen niederländischen Dorf ist eigentlich klar, dass gleich hinter dem Mond der Himmel anfängt. Und da sie sich gerade auf die Erstkommunion vorbereitet, ist Caro davon überzeugt, dass der „liebe Gott“ mit der bevorstehenden Mondlandung der Apollo 11 gar nicht einverstanden ist. Viele Dorfbewohner glorifizieren den technischen Fortschritt im Jahre 1969, aber Caro macht er eher Angst. Schließlich bringen viele moderne Entwicklungen für ihren Vater, der die siebenköpfige Familie mit seinem Bauernhof ernähren muss, auch Schwierigkeiten. Seine Probleme ertränkt der Vater im Alkohol. Caro trifft mit ihm eine Verabredung: bis zu ihrer Kommunion muss er es schaffen, seinen Alkoholismus zu überwinden. Auch sich selber setzt Caro ein Ziel, das sie vor eine große Herausforderung stellt. Sie will ihrer großen Angst vorm Wasser zum Trotz das Schwimmen lernen.

Der mehrfach preisgekrönte Spielfilm von Stijn Coninx erzählt sehr einfühlsam, behutsam und absolut glaubwürdig von Caro und ihrer Familie. Dabei spielen die gesellschaftlichen Zwänge zum Ende der 1960er-Jahre eine untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt stehen die Sorgen einer Neunjährigen, die spürt, dass sie die heile und unbeschwerte Kindheit verlässt, indem sie beginnt, Konflikte aus der Welt der Erwachsenen zu begreifen und sich selber einen Standpunkt zu bilden. Neeltje de Vree spielt dabei das Mädchen, dessen Verzweiflung zunimmt und das sich in teils lebensgefährliche Situationen begibt, um die Erwachsenen aufzurütteln. Das gelingt ihr so überzeugend, dass es Zuschauern jeden Alters sehr zu Herzen geht. Stijn Coninx inszeniert verlässlich und solide. Szenen von großer Problematik balanciert sie mit heiteren und frohen Momenten aus. Vor allem Hauptfigur Caro lässt sich nicht unterkriegen, bleibt mutig und glaubt an das Glück. Auch wenn es offenbar noch weiter entfernt ist als der Mond.

Im Kino ist dieser lohnenswerte Familienfilm leider völlig untergegangen, doch auf internationalen Festivals haben Publikum und Kritiker ihn sehr geschätzt. Stijn Coninx wurde als beste belgische Regisseurin ausgezeichnet. „Weiter als der Mond“ war außerdem der belgische Kandidat für den Auslands-Oscar 2004 und gewann im selben Jahr beim LUCAS-Filmfestival in Frankfurt am Main drei Preise: die LUCAS-Trophäe für den besten Film, den Don-Quijote-Preis der internationalen Filmclubvereinigung FICC sowie den Preis des Internationalen Kinder- und Jugendfilmzentrums CIFEJ.

DVD-Bildformat: 1:1,85; 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Flämisch
DVD-Extras: Trailer

Kristin Langer