Was bleibt

„Sorgenkinder“ bis hin zu „schwarzen Schafen“ gibt es in so mancher Familie. Nicht immer sind es Kinder im eigentlichen Sinn, häufig ist es ein Elternteil, etwa wenn dieser erkrankt ist. In der Regel müssen die anderen Familienmitglieder dann eigene Bedürfnisse zurückstecken, sich ganz auf das „Sorgenkind“ einstellen. Das belastet bis an die Grenze des Zumutbaren, stärkt andererseits den Zusammenhalt in der Familie.

Nicht anders ergeht es der Familie, die Hans-Christian Schmid in seinem neuen Film zeigt, der wie schon „Requiem“ und „Sturm“ wieder nach einem Drehbuch von Bernd Lange entstanden ist. Denn Gitte, die Mutter der inzwischen erwachsenen Söhne Marko und Jakob, leidet seit 30 Jahren unter einer psychischen Erkrankung, die nur durch die regelmäßige Einnahme von Tabletten in den Griff zu bekommen ist. Bei einem von ihr einberufenen Familientreffen schockiert Gitte ihren Mann Günter, einem einst erfolgreichen Verleger sowie ihre Söhne. Sie offenbart ihnen, dass sie die Tabletten seit zwei Monaten abgesetzt hat und es ihr gut geht. Durch ihren Wunsch nach einem vollwertigen und selbstbestimmteren Leben bricht die nur ihr zuliebe aufrechterhaltene Fassade in der Familie wie ein Kartenhaus zusammen. Ihr Mann sieht plötzlich seine kleinen Fluchten bedroht, Marko muss das Scheitern seiner Ehe eingestehen und Jakob das seiner Karriere als Zahnarzt. Als Gitte dann auch noch spurlos verschwindet, sucht die Familie verzweifelt nach einer Neuorientierung.

Stimmig, einfühlsam und dicht inszeniert, entfaltet sich das von großartigen Schauspielern getragene kleine Familiendrama aus der gehobenen Mittelklasse vor den Augen der Zuschauer. Präzise Bildkompositionen in überwiegend lichtdurchfluteten Räumen, ein feines Gespür für die leisen Zwischentöne, die unaufdringliche Musikuntermalung mitsamt gelungener Chanson-Einlage der Eltern und ein offenes Ende wecken Interesse für die Figuren und regen zum Nachdenken an.

DVD-Bildformat: 1:1,85; 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprache: Deutsch

Holger Twele