Wackersdorf

Bayrische Provinz, Landkreis Schwandorf in den 80er Jahren. Hier in der Oberpfalz sterben Unternehmen und Handwerksbetriebe, die Arbeitslosenzahlen steigen. Da scheint der Plan der Bayrischen Staatsregierung, im kleinen Wackersdorf eine atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) zu bauen, vielversprechend, geradezu verlockend, verspricht er doch neue Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Gesundung der Region. Der zuständige Landrat Hans Schuierer hört sich interessiert die Pläne der Betreiber an: modern, sauber und sicher sei eine solche Anlage und verspreche nur Vorteile für den Standort. Während Schuierer zur Landesregierung nach München reist, diskutieren die Wackersdorfer. Eine wachsende Gruppe von Atomkraftgegnern findet sich in der „Bürgerinitiative Schwandorf“, andere fürchten die Zerstörung der Natur und sehen ihre Landidylle und die Existenzgrundlage der Landwirtschaft in Gefahr. Um das vorgesehene Gelände im Blick behalten zu können, errichten die Atomkraftgegner einen Holzturm als Aussichtspunkt. Ob das rechtens ist, will Landrat Schuierer von einem Gericht klären lassen. Doch bevor es soweit ist, wird der Turm von der Polizei auf Weisung von ganz Oben abgerissen. Schuierer ist ebenso entsetzt wie die Gegner der WAA und in seinem Glauben an den Rechtsstaat grundlegend erschüttert. Je mehr der Landrat sich in die Materie vertieft, desto besser kann er die Sorgen und Befürchtungen der WAA-Gegner verstehen. Doch die Landesregierung hat längst einen Plan, den Landrat zu entmachten.

„Wackersdorf“ ist ein gelungenes politisches Lehrstück, das nachvollziehbar macht, wie staatliche Maßnahmen die Bürger entmündigen und damit gleichzeitig dafür sorgen, dass der Widerstand wächst. Dem Film gelingt es, den Zeitgeist, die Stimmung und auch die Atmosphäre der 80er Jahre einzufangen. Er lässt die Politisierung selbst traditionell konservativer angepasster Bürger verständlich werden und illustriert das politische Geschehen im Bayern zu Zeiten der Regierung von Franz Josef Strauß. Am Ende bleibt unweigerlich die Frage, für oder gegen was man sich heute engagieren könnte oder sollte. Übrigens war das Schlüsselerlebnis des realen Landrats Schuierer, das ihn zur politischen Kehrtwende brachte, das zufällige Entdecken eines 200 m hohen Kamins auf den Bauplänen für das WAA-Gelände und die folgende Erklärung, das damit die radioaktiven Schadstoffe in der Luft besser verteilt werden sollten.

Gabi Brandt