Vicious Fun

Wahrscheinlich schauen wir uns Thriller und Horrorfilme vor allem deshalb so gerne im Kino an, weil wir spannende und furchteinflößende Momente durchleben können, ohne selbst bedroht zu sein. Der Adrenalinspiegel steigt. Und doch wissen wir jederzeit, dass das Grauen für uns ein Ende hat, sobald das Licht den Saal wieder erhellt. Was aber, wenn wir plötzlich mit echtem Schrecken konfrontiert werden? Auf einmal in einer Lage stecken, die tödlich enden könnte? In „Vicious Fun“ brechen diese Fragen ganz unverhofft über den vom Horrorgenre magisch angezogenen Protagonisten herein. In höchster Not muss er einen Weg finden, seine Haut zu retten.
Worum es im Film „Vicious Fun“ geht:
„Vicious Fanatics“ heißt das Magazin, für das der nerdige Filmkritiker Joel im Jahr 1983 regelmäßig Texte schreibt. Dass er bei seiner Arbeit ständig Klischees begegnet, nervt ihn an. Wohl auch aus diesem Grund träumt er davon, selbst Geschichten zu entwerfen. Ein Diktiergerät hat er stets griffbereit, um seine Überlegungen einzusprechen. Sein jüngster Einfall dreht sich um einen mordenden Taxifahrer, da dieser Job in seinen Augen die perfekte Tarnung ist. Niemand erinnert sich an den Menschen, der einen von A nach B transportiert. Gleichzeitig weiß er aber ganz genau, wo du wohnst. Wie festgefahren sein Leben ist, erkennt Joel mal wieder, als er seine heimlich angehimmelte Mitbewohnerin Sarah mit einem anderen Kerl beobachtet. Weil sie danach den Abend ungestört mit einer Freundin verbringen will und er nichts Besseres zu tun hat, heftet sich der Filmnerd an die Fersen des unbekannten Mannes. In einer Kneipe kommt er mit ihm ins Gespräch, wird aber nicht richtig ernst genommen und bleibt am Ende auf der Getränkerechnung sitzen. Frustriert lässt sich Joel volllaufen – und wacht einige Zeit später mit einem Kater in einer Abstellkammer wieder auf. Als er durch das inzwischen geschlossene Lokal läuft, stolpert er in eine merkwürdige Selbsthilfegruppe hinein. Serienmörder erzählen hier aus ihrem Alltag und halten ihn nun dummerweise für den noch fehlenden „Kollegen“. Joel kommt mächtig ins Schwitzen, erinnert sich jedoch gerade rechtzeitig an seine Taxifahreridee und schafft es tatsächlich, die Anwesenden zunächst von seinem erdachten tödlichen Treiben zu überzeugen.
Warum „Vicious Fun“ eine Enttäuschung ist:
„Vicious Fun“ scheint seinem Titel – übersetzt bedeutet er „böser Spaß“ – anfangs alle Ehre zu machen. Von der Tonspur erklingen Elektromelodien, wie sie in früheren Slasher-Streifen oft zu hören waren. Und erster Schauplatz ist ein schäbiges Motel, auf dessen Parkplatz es zu einem überraschenden Mord kommt. Regisseur Cody Calahan setzt umgehend gelungene atmosphärische Akzente. Kurz darauf lernen wir den Losertypen Joel kennen, der bei einem Interview mit einem Filmemacher über die unglaubwürdigen und stereotypen Elemente in dessen Billig-Horrorproduktion herzieht – was, wenig verwunderlich, zum Rausschmiss führt. Spätestens an diesem Punkt darf man sich Hoffnungen auf eine launige Geschichte machen, die Codes und Konventionen des 1980er-Jahre-Spannungskinos ironisch bricht. Die Richtung stimmt, bis „Vicious Fun“ die originelle Prämisse einer Gesprächsrunde unter Serienkillern etabliert hat. Zahlreiche verrückte Wendungen könnten daraus entspringen. Calahan und Skriptautor James Villeneuve entscheiden sich allerdings für ein Katz-und-Maus-Spiel, das krampfhaft und ungeschickt versucht, absurd und abgedreht zu sein. Zwischen kleinen Geistesblitzen, etwa einem Hinweis auf Joels eigenartiges Liebesverständnis, gibt es eindeutig zu viele vorhersehbare oder hemmungslos dick auftragende Momente, die das Prädikat „clevere Satire“ nicht verdienen. Die blutigen Effekte sind solide. Das Retro-Slasher-Feeling kommt halbwegs rüber. Und der Gedanke, den Protagonisten in den Schatten einer starken Frauenfigur zu stellen, hat seinen Reiz. Mit einem Drehbuch, das häufig in denkfaule Muster verfällt, wie sie Joel eingangs kritisiert, ist jedoch nur wenig zu holen. Schade um die vertane Chance!
Christopher Diekhaus
Anbieter
Filmverleih Drop-Out Cinema