Therapie für Gangster

Wer unter Drogen- oder Alkoholsucht leidet und kriminell geworden ist, muss seine Strafe nicht zwangsläufig in einem normalen Gefängnis absitzen. Der sogenannte Maßregelvollzug bietet Verurteilten die Möglichkeit, sich ihrer Abhängigkeit zu stellen und sich langsam an ein Dasein ohne Rauschmittel zu gewöhnen. Im Rahmen der Forensischen Psychiatrie steht suchtkranken Gesetzesbrechern ein umfangreiches Gesprächs- und Beratungsangebot zur Verfügung, wie Sobo Swobodniks Dokumentarfilm „Therapie für Gangster“ zeigt, der den Alltag in einer Maßregelvollzugsanstalt beschreibt. In den Mittelpunkt rückt der Regisseur unterschiedliche Straftäter wie den 25-jährigen Ali oder den 39-jährigen Ibo, die aus ihrer Vergangenheit berichten, Zukunftswünsche formulieren und von der Einsamkeit in der geschlossenen Einrichtung erzählen. Während manche Insassen erfolgreich gegen den Suchtdruck ankämpfen, zwingt der jahrelange Drogen- und Alkoholmissbrauch andere in die Knie.
Das Pendeln zwischen Hoffnung und Resignation, Therapieerfolgen und Rückschlägen fängt die Kamera aus nächster Nähe ein und lässt das Publikum so direkt und unvermittelt am Empfinden der Häftlinge teilhaben. Obwohl der Film eine fremdartige Welt skizziert, baut man recht schnell eine Verbindung zu den Protagonisten auf, die zumeist ohne Scheu über ihre früheren Fehler und ihre derzeitige Verfassung reden. Ausschnitte aus Gruppendiskussionen führen dem Betrachter einerseits vor Augen, dass einige der Porträtierten unbedingt ihre womöglich letzte Chance auf ein geordnetes Leben nutzen wollen. Zugleich zeigt sich aber auch, dass es kein Allheilmittel gibt und die psychiatrischen Angebote längst nicht bei jedem anschlagen. Gerade weil Swobodnik die Inhaftierten immer wieder zu Wort kommen lässt und auf einen übergeordneten Sprecherkommentar verzichtet, löst er sich von simplen Täterzuschreibungen und bringt die Menschen hinter den zumeist rauen Fassaden zum Vorschein. Menschen mit Schwächen, Sehnsüchten und Wünschen, die in manchen Fällen eine erfreuliche Reflexionsfähigkeit und Einsicht an den Tag legen.
Christopher Diekhaus