The Sun Is Also A Star - Ein einziger Tag für die Liebe
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Natasha ist die Tochter jamaikanischer Einwanderer und sie liebt New York. Aber ihre Eltern sind immer noch illegal in den USA, und jetzt droht wegen eines kleinen Fehlers des Vaters die Ausweisung. Für die 17-jährige Natasha, die mit acht Jahren hierher kam, ist es eine Katastrophe. Sie hat große Pläne für die Zukunft. Natasha glaubt an Fakten und die Wissenschaft, vor allem aber will sie einen guten Job als Datenanalystin, dabei ist ihre wahre Leidenschaft die Astronomie. Die Nachricht der Abschiebung lässt sie tief verzweifelt zurück. Bei der Ausländerbehörde flackert nur ein einziges Hoffnungslicht auf: ein Anwalt, der auf Fälle wie ihren spezialisiert ist. Am schwärzesten Tag ihre Lebens passiert dennoch etwas unvorstellbar Magisches.
Daniel Bae glaubt an die Liebe und das Schicksal, er liebt Gedichte, die er heimlich in sein Notizbuch schreibt. Seine Familie stammt aus Südkorea, sie hat für den jüngeren Bruder aber eine ganz andere Karriere vorgesehen. Er soll Medizin studieren und Arzt werden, vor allem da der ältere Bruder nur für die Mitarbeit im Laden der Eltern taugt. Daniel entdeckt Natasha inmitten der Menschenmassen der Großstadt. In der Central Station blickt sie als einzige auf die Sternbilder, ein Deckenbild in schwindelerregender Höhe. Er folgt dem Mädchen fasziniert. Als Natasha fast von einem Auto überfahren wird, rettet Daniel ihr das Leben und die Dinge nehmen ihren Lauf. Im Gespräch merken beide schnell, wie unterschiedlich sie das Leben sehen. Natasha schmettert jede Romantik ab. Liebe, sagt sie, ist sowieso nur eine chemische Reaktion. Daniel kontert, wenn sie ihm nur einen Tag Zeit gibt, beweist er ihr das Gegenteil und sie würde sich in ihn verlieben. Natasha lässt sich auf das Spiel ein, sie hat an diesem Tag nichts zu verlieren. Was Daniel nicht weiß, es sind ihre letzten 24 Stunden in dieser Stadt.
Ein einfache Geschichte, vielleicht nicht besonders originell. Und doch funktioniert dieser Liebesfilm, der auch eine Entwicklungsgeschichte der beiden jungen Protagonisten ist. Ein Mädchen, das sich für die Naturwissenschaften begeistert, trifft auf einen hoffnungslosen Romantiker. Immer wieder stellen Zufälle die Weichen neu, Verabredungen werden verschoben, aus Minuten werden Stunden, ein ganzer Tag. Schließlich folgt die niederschmetternde Erkenntnis, dass diese Liebe vorbei ist, bevor sie überhaupt angefangen hat. Glaubhaft porträtiert der Film die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden jungen Erwachsenen und zeigt zugleich New York als pulisierende, multikulturelle und liebenswerte Metropole. Mit leichtem Erzählfluss und treibendem Soundtrack, berückenden Stadtansichten und eingestreuten assoziativ illustrierenden Collagen, in denen auch die beiden Einwanderergeschichten skizziert werden, entwickelt der Jugendfilm einen eigenen Stil und Rhythmus. Immer wieder wirft die romantische Geschichte Fragen auf, was ein kurzer Augenblick im Leben verändern kann, was Zufall und was Schicksal ist. Fast schon beiläufig wird aber auch eindringlich deutlich, was Einwanderung, Heimat und Abschiebung für den einzelnen bedeutet. Durch die gute Besetzung der beiden sympathischen Hauptdarsteller und die schwungvolle Inzenierung, die sich traut auch der Romantik Raum zu geben, gelingt ein berührender Film. Die Regisseurin hat bereits einige Independentfilme realisiert, dieser Film basiert auf dem gleichnamigen Jugendbuch der aus Jamaika stammenden Nicola Yoon, die mit ihrem Debüt, dem Young-Adult Roman „Everything everything“ direkt auf der Bestseller Liste des New Yorker landete.
Christiane Radeke