The Killing of a Sacred Deer
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Yorgos Lanthimos gehört zweifellos zu den interessantesten europäischen Regisseuren der Gegenwart. Das stellte der „Dogtooth“-Schöpfer auch mit seinem ersten englischsprachigen Spielfilm The Lobster von 2015 unter Beweis, in dem Colin Farrell in einer nahen Zukunft auf eine ebenso verstörende wie absurde Partnersuche geschickt wird. In „The Killing of a Sacred Deer“ findet sich der charismatische Ire nun in einer nicht weniger bizarren Geschichte wieder, die – das lässt schon der Titel anklingen – von der Euripides-Tragödie „Iphigenie in Aulis“ inspiriert wurde.
Worum es in „The Killing of a Sacred Deer“ geht:
Auf den ersten Blick scheint der Herzchirurg Steven Murphy ein Bildbuchleben zu führen. Mit seiner Ehefrau Anna und seinen Kindern Kim und Bob wohnt er in einem schicken Vorort und braucht sich finanziell keine Sorgen zu machen. In seiner Freizeit trifft sich der angesehene Arzt regelmäßig mit dem Teenager Martin, der offenbar nach Halt und Anschluss sucht. Erst mit der Zeit wird deutlich, dass die beiden ein unheilvolles Ereignis verbindet und Steven eher aus Mitleid auf den Jugendlichen eingeht. Eines Tages lässt Martin schließlich seine Maske fallen, konfrontiert den Mediziner mit einer schrecklichen Prophezeiung und fordert von ihm ein ungeheuerliches Opfer. Steven schenkt den Drohungen des jungen Mannes zunächst keinen Glauben, verliert aber zunehmend die Nerven, da seine Kinder plötzlich merkwürdige Krankheitserscheinungen aufweisen.
Kann „The Killing of a Sacred Deer“ überzeugen?
Von Anfang an beschwört Yorgos Lanthimos eine mysteriöse, unheimliche Atmosphäre, indem er seine Darsteller auf seltsam monotone Weise sprechen lässt, eigenwillige Kamerapositionen wählt und die Tonspur mit beunruhigenden Klängen spickt. Die von Martin ausgehende Bedrohung ist mit rationalen Mitteln nicht zu erklären, was den analytischen Steven schnell an seine Grenzen bringt. Fürs Erste nimmt er eine Verweigerungshaltung ein, will nicht glauben, dass seine Familie wirklich in Gefahr schwebt, erkennt jedoch sehr schnell, wie ernst die Lage wirklich ist. Das von Lanthimos und Efthymis Filippou verfasste Drehbuch treibt den keineswegs unschuldigen Protagonisten konsequent in die Enge und bürdet ihm ein moralisches Dilemma auf, das die Zuschauenden erschaudern lässt, zumal der eingangs so unsicher wirkende Martin als unerbittlicher Racheengel eine beklemmende Souveränität ausstrahlt. Von handelsüblicher Spannungsware hebt sich das unkonventionelle, mit Horrorelementen garnierte Stalking-Drama nicht zuletzt durch seinen schwarzhumorigen Tonfall ab. Immer wieder überrascht der griechische Filmemacher mit skurrilen Szenen und Details, die bei allem Unbehagen auch zum Schmunzeln einladen.
DVD Extras: Interviews, Trailer
Blu-ray Extras: Interviews, Trailer
Christopher Diekhaus
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch