The Diary of a Teenage Girl

San Fransisco 1976, die Flower Power Ära neigt sich dem Ende zu und hat der Stadt ihre ganz besondere Atmosphäre geschenkt. Die 15 Jährige Minnie läuft durch einen Park und erzählt: Ich hatte gerade zum ersten Mal Sex. Stolz, erleichtert, verunsichert. Sie findet sich nicht hübsch, begehrenswert schon mal gar nicht - und sind ihre Brüste nicht eigentlich viel zu klein? Unverblümt ehrlich und direkt, gleichzeitig zutiefst verwirrt schlingert Minnie durch die Tage und ihr Teenager-Leben. Sie zeichnet außerdem leidenschaftlich gern im Stil der Underground Comics, aber auch in diesem Bereich ist sie unsicher, sucht sie den eigenen Weg. Dass ihr erstes Mal mit dem hübschen aber orientierungslosen Freund der Hippie-Mutter war, macht die Sache nicht gerade einfacher. Monroe lebt in den Tag, genau wie Minnies schöne Mutter Charlotte, deren Leben eine einzige Party bleiben soll. Aber ebenso wie die Hippie-Ära ihren Zenit schon überschritten hat, so auch das verantwortungslose Spaß-Leben dieser Erwachsenen. Charlotte will das nicht wahrhaben. Sie liebt ihre Töchter, Minnie und die jüngere Gretel, die altklug durch dicke Brillengläser zu allem ihren Senf gibt, aber feiert ansonsten was das Zeug hält. Sex, Drugs and Rock’n Roll. Minnie ist mit dem ganzen Chaos in ihrem Leben ziemlich auf sich gestellt. Zum Glück sind da noch ihre beste Freundin Kimmie, mit der sie über alles reden kann, und ein Kassettenrecorder, mit dem sie in Tagebuchform gewichtig ihre Erfahrungen protokolliert. Minnie mag Sex, den sie auch ohne Umwege einfordert. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich nicht sehr verletzlich fühlt. Eigentlich will sie vor allem berührt werden. Und: Ist Sex automatisch Liebe? Monroe kann sich nicht entscheiden, er lässt sich spielerisch auf alles ein, weiß gleichzeitig, dass er nicht sollte, verstrickt sich immer mehr in die eigenen widersprüchlichen Gefühle. Als alles auffliegt, wird auch Charlotte keine klare Haltung zu den Ereignissen finden, denn schließlich, so ist das im Leben, und so ist es vor allem in der Liebe: Da gibt es nie nur eine Seite.

Die große Besonderheit an diesem Coming-Of-Age Film ist vielleicht vor allem das: Alle Figuren sind in ihrem widersprüchlichen Verhalten absolut glaubwürdige Charaktere. Und: Ambivalente, facettenreiche Mädchen-Perspektiven auf die verwirrende, spannende Jugendzeit hat es auf eine ähnlich zupackende und berührend aufrichtige Art im Film vielleicht noch nie gegeben. Während Jungenfiguren dieser Art das Genre mitgeprägt haben, werden die Mädchen oft in einfachen Schablonen gezeigt. Minnie jedoch ist ein Mädchen wie jedes andere. Voller innerer Widersprüche und Ängste, die sie aber nicht schwächen, sondern in jeder Hinsicht stark machen. Als aufblühende Frau erlebt sie voller Verwunderung, dass sie Macht über Männer hat, was sie selbst am allerwenigsten versteht. Damit ist die Verfilmung der teils autobiographischen Graphic Novel von Phoebe Gloeckner, die 1976 in Minnies Alter war, eine löbliche Ausnahmeerscheinung. Eine derartig rückhaltlos aufrichtige weibliche Stimme hat es so in diesem Genre noch nicht gegeben. Alle Rollen sind hervorragend besetzt. Neben der umwerfenden Hauptdarstellerin, die den Film maßgeblich prägt, meistert Alexander Skarsgård bravourös die schwierige Gradwanderung, das Verhalten von Monroe nachvollziehbar zu machen ohne die Figur zu verraten.

Comicelemente im Stil der Zeit fließen in den visuell fein ausgearbeiteten Film über eine ferne Epoche ein, die doch bis heute popkulturell nachhallt. Die 1970 geborene Regisseurin legt hier ihr Kinodebüt vor, dem man die Leidenschaft aller Beteiligten für das Projekt in jeder Minute anmerkt. Nebenbei wird die Geschichte einer Erweckung zur Künstlerin erzählt, mit der starken Aussage, sich nicht vom eigenen Weg abbringen zu lassen.

Blu-ray-Bildformat:1:2,40/16:9
Ton:dts HD 5.1 MA
Sprachen: Deutsch dts HD 5.1 MA/Englisch dts HD 5.1 MA/Spanisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch/Englisch/Spanisch/Türkisch/Dänisch/Finnisch/Norwegisch/Schwedisch

DVD Extras: Featurette, Interviews, Audiokommentar

Blu-ray Extras: Featurette, Interviews, Audiokommentar, Entfallene Szenen, Outtakes

Christiane Radeke