Tel Aviv On Fire
Jeder Israeli und jeder Araber kennt die Folgen des Sechs-Tage-Krieges für das israelisch-palästinensische Verhältnis. Ausgerechnet 1967, kurz vor Ausbruch dieses Krieges spielt die erste Staffel der palästinensischen Soap „Tel Aviv on Fire“: Die Geliebte eines palästinensischen Widerstandskämpfers, eine wunderschöne Frau, wird als Spionin in Tel Aviv etabliert und soll durch eine Beziehung mit dem mächtigsten General Israels die strategischen Kriegspläne des Feindes ausspähen. Bald aber bewegt sie sich zwischen romantischen Fronten. Die Soap ist ein echter Straßenfeger. Vor allem Frauen, israelische wie arabische, verbringen Abend für Abend vor dem Fernseher, um nicht eine Folge zu verpassen. Salam, der Neffe des Produzenten, arbeitet bei den Dreharbeiten als Assistent seine Schulden ab. Er soll hebräische Dialoge auf deren Glaubwürdigkeit hin überprüfen. Um zum Studio in Ramallah zu gelangen muss er, ein Bewohner Ostjerusalems, jeden Tag zwei Mal durch den Checkpoint fahren. Als er dort wegen eines dummen Missgeschicks festgehalten wird, erweist sich der leitende Grenzoffizier Assi als Kenner der Soap. Seine Frau ist begeisterter Fan der Serie und Salam soll ihm helfen, seiner Ehe durch die Soap wieder Schwung zu verleihen. Gemeinsam mit Salam entwickelt er Tag für Tag das Drehbuch weiter. Dass die Ideen des Israelis, die Salam als seine eigenen verkauft, seinen palästinensischen Kollegen nicht immer gefallen, versteht sich. Denn deren Ziel ist es eigentlich, den Palästinensern wenigstens einen Teilerfolg im Sechs-Tage-Krieg zuzuschreiben.
Regisseur Sameh Zoabi wuchs in der Nähe von Nazareth im Westjordanland auf, studierte in Tel Aviv und New York Film und Regie und war mit seinen Filmen auf vielen wichtigen Festivals vertreten. Wie bereits in früheren Filmen ist ihm auch in „Tel Aviv On Fire“ die „Normalität“ eines absurden Alltags ein Anliegen. Durch die Grenzsituation in Jerusalem und das Zusammentreffen von Salam und Assi am Checkpoint vermischen sich Gemeinsamkeiten und gegenseitige Vorurteile zu einer überzogenen Beziehung in einer merkwürdigen Welt. Zoabi überspitzt die Situationen noch, indem er die romantischen Stereotype einer Soap als Katalysator der Verbindung benutzt. Dass diese Soap ausgerechnet vor dem Krieg spielt, der die tiefe Feindschaft auf beiden Seiten manifestiert hat, betont die Absurdität noch mehr.
Zoabis Humor, der gelegentlich an der europäischen Schmerzgrenze entlangschrammt, legt seine Finger auf die Wunden der gemeinsamen israelisch-palästinensischen Welt und seine Hauptfiguren machen aus der Not eigenwillige Tugenden. Denn eigentlich wollen sie fast alle nur ein bisschen Normalität, etwas Unterhaltung, ein wenig Romantik und gute Beziehungen zu ihren Frauen. „Tel Aviv on Fire“ bietet versponnene Einblicke in eine Welt, die die Vergangenheit nicht befrieden will, die Zukunft nicht zu träumen wagt und deshalb ausschließlich den Augenblick lebt. Denn etwas anderes könnte fahrlässig sein und ungeahnte Folgen haben.
Rotraut Greune
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Deutsch, Arabisch, Hebräisch, Mehrsprachig
Untertitel: Deutsch