Stonewall - Where Pride Began

Die Paraden des bunten Queer-Völkchens von Schwulen, Lesben, Drag Queens und Transsexuellen, die alljährlich Ende Juni/Anfang Juli anlässlich des „Christopher Street Days“ die Straßen der Großstädte weltweit bevölkern sind voller Energie und Lebensfreude. Doch die karnevalesken Straßenumzüge für die Rechte der queer gesinnten Menschen haben durchaus einen ernsten Hintergrund. Hiervon erzählt der neue Film „Stonewall“ des deutschen Hollywoodregisseurs Roland Emmerich.

In den USA der 1960er Jahre werden alle Menschen, die sich zu einer eigenen Sexualität jenseits des Hetero-Daseins bekennen, gnadenlos verfolgt und ausgegrenzt. Der junge Danny wird beim Sex mit seinem Freund erwischt. Sein Vater, örtlicher Lehrer und Coach der Baseballmannschaft, will seinen Jungen zur Elektroschocktherapie in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen. Homosexualität gilt ihm, wie vielen in jener Zeit, als Krankheit, die man mit drastischen Methoden „heilen“ müsste. Doch Danny entflieht dem Martyrium in Kansas und geht nach New York, in die Welt der Stricher und Drag Queens an der Christopher Street. Hier lebt die bekennende Queer-Gemeinde zwar selbstbewusst, doch gänzlich am Rande der Gesellschaft. Per Gesetz ist Homo- und Transsexuellen jede Arbeit verwehrt. Sie bekommen keine Wohnungen. Viele sind obdachlos, müssen sich als Stricher durchschlagen und werden von brutalen Gangstern wie Ed zum Bezahlsex gezwungen. Danny gerät ebenso wie andere in diesen Strudel aus Abhängigkeit und Gewalt. Und auch durch Trevor, den er in der Schwulenbar „Stonewall“ kennenlernt und der ihn mit der sich gerade formierenden politischen Schwulenbewegung vertraut macht, fühlt Danny sich schließlich bloß ausgenutzt. Wie alle in der Christopher Street hat Danny bald nichts mehr zu verlieren. In einem Leben, das von Verfolgung durch brutal prügelnde und durch und durch korrupte Polizisten einerseits und die Abhängigkeit von nicht minder brutalen Mafiosi-Zuhältern anderseits geprägt ist, wird die Eskalation der Gewalt nur noch zu einer Frage der Zeit. Im Juni 1969 ist es soweit: An der Christopher Street kommt es zum Aufstand. Er wurde zum Meilenstein in der Entwicklung der Schwulenbewegung.

Emmerichs Film beginnt an diesem historischen Wendepunkt mit auf Schwarzweiß gezogenen, nachgestellten Aufnahmen der wütenden Masse gegen martialisch auftretende Polizeiketten in der Christopher Street. Doch in seinem Film überwiegt anschließend das Drama von Hauptfigur Danny, nicht die politische Analyse des Aufstandes. Danny-Darsteller Jeremy Irvine entfaltet die Entwicklung seiner Figur vom naiven Provinzjungen zum trotzigen James-Dean-Helden glaubhaft und eindrucksvoll. Durch die Überzeichnung mancher Nebencharaktere, besonders aber durch die übersteigerte Farbsättigung, präsentiert „Stonewall“ seine, an die authentischen Ereignisse angelehnte Geschichte in einem höchst künstlichen „Look“. Durch diese grelle Farb- und Lichtgestaltung wirkt der Film etwas steril und unnahbar, weil die Absicht, durch diese filmischen Stilmittel die Sinnesfreude und Kraft des erzählten Milieus hervorzuheben so überdeutlich zum Ausdruck kommt. Damit will der Regisseur einer Darstellung der prekären Lebensumstände von Homosexuellen in den USA (und nicht nur dort) Ende der 1960er Jahre entgegen wirken. Der Hinweis am Ende des Films, dass aktuell immer noch fast 40 Prozent der Obdachlosen in den USA „Queer People“ sind, stimmt ebenso nachdenklich wie die Tatsache, dass Homosexualität in 77 Ländern der Erde weiterhin verboten ist.

Blu-ray-Bildformat:1:2,40/1080p
Sprachen: Deutsch/Englisch
Untertitel: Dt. f. Hörg.

Werner Barg