Star Trek: Prodigy
Während das „Star Wars“-Franchise schon längst auch unter Kindern dank mannigfaltigen auf sie abgestimmten Merchandising beliebt ist, tat sich „Star Trek“ damit bisher eher schwer. Abgesehen von der ersten Zeichentrickserie aus den 1970er Jahren gab es kaum nennenswerte Initiativen, obwohl es im Grunde dank seiner pazifistischen Botschaft eher dafür geeignet ist, um das Thmea Universum dieser Zielgruppe näher zu bringen (auch und gerade im Direktvergleich mit dem stets auf kriegerische Konflikte ausgelegten „Star Wars“). Mit „Star Trek: Prodigy“ hat sich dies nun geändert und das Ergebnis ist eine Trek-Serie, der der Spagat gelingt, neue Zuschauer*innen zu gewinnen und dabei auch für „alte Hasen“ genug Material anzubieten, so dass es wahrlich zu einer Angelegenheit für die ganze Familie wird.
Worum geht es in der Sci-Fi-Serie?
In den Tiefen des Delta-Quadranten versucht der junge Dal R’El, dessen Spezies ebenso unbekannt ist wie seine Herkunft, aus dem Weltraumgefängnis Tars Lamora zu entkommen, was immer wieder scheitert. Doch eines Tages findet er mit der Hilfe der Brikarerin Rok-Tahk ein verlassenes Föderationsraumschiff, die U.S.S. Protostar. Schnell gesellen sich der Ingenieur Jankom Pog, das Energiewesen Zero, der niedliche Schleimwurm Murf und schließlich auch Gwyndala, die Tochter des Gefängnisaufsehers Diviner, zu seiner Crew und gemeinsam entkommen sie Tars Tamora. Doch Gwyndalas Vater, der lange nach der Protostar gesucht hat, denkt nicht daran, sich so leicht geschlagen zu geben und nimmt die Verfolgung auf. Währenddessen lernen Dal und die anderen durch das Hologramm von Captain Janeway von der Existenz der Föderation und der Sternenflotte und beschließen, sich auf den Weg in den Alpha-Quadranten zu machen.
Im Grunde ist es erstaunlich: die Grundlage, die Moral von unzähligen Serienepisoden von ebenso unzähligen Kinderserien war und ist stets, dass Zusammenarbeit und gegenseitiger Respekt und Verständnis erstrebenswerte Eigenschaften sind und dass eine Gesellschaft im Grunde auch nur durch sie wirklich funktionieren kann. Das Fundament von „Star Trek“ ist auf diesen Gedanken gebaut und dennoch brauchte es so lange, bis eine sich auch explizit an Kinder wendende Serie des Weges kam. Umso besser, dass sie nun existiert, denn „Star Trek: Prodigy“ (also „Star Trek: Wunderkinder“) profitiert sehr vom optimistischen Grundton des dereinst von Gene Roddenberry geschaffenen Universums, ohne dabei Schauwerte und Action außer Acht zu lassen. Der Autor dieser Zeilen hat die Staffel mit seinem siebenjährigen Sohn geschaut und kann bestätigen, dass diese Mischung aus Trek-typischen Botschaften des Miteinanders statt des Gegeneinanders in Verbindung mit spannenden Science-Fiction-Geschichten sehr gut funktioniert.
Lohnt sich „Star Trek: Prodigy“ für dich?
Angenehm ist, dass „Star Trek: Prodigy“ sich dabei nicht dümmer stellt, weil man nur so glaubt, sein Publikum zu erreichen. Die Handlung erstreckt sich über die ganze Staffel, es gibt Rätsel, die eigenes Mitdenken fordern, und es wird auch nicht alles haarklein erläutert, wie denn die Dinge in diesem Universum so laufen. Trek-erfahrene Begleitpersonen für das junge Publikum sind kein Muss, schaden aber auch nicht. Diese werden dann mit einer Serie belohnt, die es endlich wagt, mal einen Blick in die Zukunft zu werfen („Prodigy“ spielt fünf Jahre nach der Rückkehr der U.S.S. Voyager in den Alpha-Quadranten), anstatt sich immer nur in den bekannten Gefilden des Althergebrachten umzusehen. Und wenn im Finale ein Gorn-Schiff der Föderation zu Hilfe kommt, ist das für Fans des Franchise einer der vielen kleinen Hinweise auf die Dynamik der „Star Trek“-Zeitlinie. Denn auch wenn missmutige Kommentare im Internet es immer wieder behaupten: „Prodigy“ ist mitnichten nur „Kinderquatsch“, sondern eine waschechte „Star Trek“-Serie ganz im Sinne Roddenberrys.
Wenn man Kritik üben will, dann vielleicht an dem etwas seltsamen Verständnis der Serie von der Größe des Alls. Während man in „Star Trek: Voyager“ noch eine ganze Serie rund um die Prämisse „Reise vom Delta- zurück in den Alpha-Quadranten“ strickte, kommt die Crew der Protostar ziemlich schnell von Tars Lamora bis zur Erde. Ein bisschen kann man das mit dem innovativen Antrieb des Schiffs wegerklären, aber der Eindruck, dass das Universum etwas geschrumpft ist, bleibt dennoch. Auch einige Elemente wie der mechanische Gehilfe des Antagonisten scheinen eher zu „Star Wars“ zu passen als zu „Star Trek“ (da wären wir wieder), aber dem positiven Gesamteindruck tut dies keinen Abbruch. „Star Trek: Prodigy“ ist eine überraschende Serie, die, nachdem sie von ihrer originalen Heimat, Paramount+, fallen gelassen wurde, bei Netflix zum Glück für mindestens eine zweite Staffel ein neues Zuhause gefunden hat. Gerade Kinder haben gute Serien verdient und mit „Star Trek: Prodigy“ bekommen sie (und alle anderen Zuschauer*innen) auch genau das.
Jan Noyer
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe