Schneeflöckchen

Film: Schneeflöckchen
Länge:
121 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
20.09.2018
Regie:
Adolfo J. Kolmerer, William James (Gastregisseur)
Darsteller:
Reza Brojerdi (Javid), Erkan Acar (Tan), Xenia Assenza (Eliana), Alexander Schubert (Arend Remmers), David Masterson (Carson), Gedeon Burkhard (Winter)
Genre:
Action , Thriller , Komödie , Horror
Land:
Deutschland, 2017

In einem Berlin der nahen Zukunft, das von einer Endzeitstimmung erfasst wird, haben die Kleingangster Javid und Tan nur ein großes Ziel vor Augen: Um jeden Preis wollen sie denjenigen zur Strecke bringen, der Schuld am Tod ihrer Familien hat. Mit Entsetzen stellen die beiden eines Tages jedoch fest, dass ihr Leben offenbar Teil eines Drehbuchs ist, das aus der Feder des Zahnarztes Arend Remmers stammt. Während das Gespann den Hobbyschreiber aufsucht, um Licht in die mysteriösen Verstrickungen zu bringen und den Lauf ihres Schicksals umarbeiten zu lassen, sucht die Waise Eliana gemeinsam mit dem Bodyguard Carson nach einem kompetenten Auftragskiller. Auch sie wird von Rachegedanken beseelt und möchte die Mörder ihrer Eltern unbedingt sterben sehen.

Oft und ausführlich wird – sicher nicht zu Unrecht – über den schlechten Zustand des deutschen Genrefilms abseits von Komödien und Historienstoffen lamentiert. Umso erfreulicher ist es, wenn plötzlich eine Produktion auf der Bildfläche erscheint, die sich wirklich etwas traut, Konventionen unterläuft und munter unterschiedliche filmische Gattungen durcheinanderwirbelt. Der Independent-Streifen „Schneeflöckchen“ – das auf dem Fantasy Filmfest 2017 gefeierte Debüt von Adolfo J. Kolmerer, das mit Unterstützung von Gastregisseur William James entstand – ist ein kleiner Überraschungscoup, dem man seine begrenzten Mittel durchaus anmerkt, der mit seiner kreativen Energie und seiner Fabulierlust aber für erstaunlich kurzweilige Unterhaltung sorgt. Obwohl die kräftig augenzwinkernde Mischung aus Action, Thriller, Horror und Farce an den lässigen Stil von Quentin Tarantino erinnert, entwickelt das mit plötzlichen Gewalteruptionen garnierte Gebräu eine eigene Identität und fährt so manchen guten Gag auf. Anhaltendes Vergnügen garantieren nicht nur die teilweise herrlich schrägen Figuren. Auch die geschickt ausgereizte zweite Ebene um den schreibenden Zahnarzt und die Versuche des sympathisch gespielten Gangsterduos, der Vorbestimmung zu entkommen, liefern eine Reihe köstlicher Momente. Etwa dann, wenn Arend Remmers – der übrigens genauso heißt wie der tatsächliche Autor des Films – die Aussagen von Javid und Tan eins zu eins mitsprechen kann, da die Dialoge genauso in seinem Drehbuch stehen. Dank einer gewitzt verschachtelten, nicht chronologisch angeordneten Handlung erschließen sich bestimmte Zusammenhänge erst mit der Zeit, was den Zuschauer immer wieder dazu animiert, Vermutungen an- und Bezüge herzustellen. Sicherlich funktioniert nicht jeder skurrile Einfall gleichermaßen gut. Zuweilen hätte man aufgerufene Klischees noch konsequenter brechen können. Und Protagonistin Eliana wäre etwas mehr Entfaltungsraum zu wünschen gewesen. Das alles sind aber nur Schönheitsfehler in einem launig-ironischen, manchmal verblüffenden Genre-Mix, der neben altgedienten deutschen Seriendarstellern – Gedeon Burkhard, Sven Martinek und Bruno Eyron – auch einige erfreulich unverbrauchte Gesichter zu bieten hat.

Christopher Diekhaus