Rheingold
Als Rapper Xatar ist Giwar Hajabi ein Star. Mancherorts kennt jedes Kind ihn und seine Musik – und alle fragen nach dem Gold. Denn Xatar ist nicht nur Musiker und Unternehmer, sondern machte auch mit einem spektakulären Goldraub von sich reden, dessen Beute nie gefunden wurde. Mit „Rheingold“ hat Berlinale-Preisträger Fatih Akin einen Film über das bewegte Leben des Gangsterrappers gemacht.
Das erwartet dich in Fatih Akins Film über Xatar:
2010 flüchtet Giwar vor den deutschen Behörden nach Syrien. Denn die interessiert sehr, wo das geraubte Gold abgeblieben ist. Als Giwar im Knast landet, triggert das seine Erinnerung: Bereits als kleines Kind war er mit seinen Eltern im Gefängnis. Als Sohn kurdischer Eltern wurde Giwar im Iran geboren. Sein Vater, einst ein anerkannter Komponist und Dirigent, zog den Zorn des Ayatollah-Regimes auf sich. Seine Mutter, eine Musikerin, wurde zur Freiheitskämpferin. Nach dem Gefängnisaufenthalt gelang der Familie die Flucht über Paris in die westdeutsche Hauptstadt Bonn. Giwars Vater nimmt den Sohn mit in das dortige Opernhaus. Ein Traum, dort wieder seinem Beruf nachgehen zu können. Das Familienleben in einer Hochhaussiedlung scheint davon weit entfernt. Giwar hat zwar gute Noten und lernt Klavier, doch seine Mutter muss dafür die Wohnung der Klavierlehrerin putzen. Als der Vater endlich wieder Erfolg und Anerkennung als Komponist feiern kann, verlässt er die Familie. Giwar, der mit Pornovideokassetten und Drogen dealt, wird von Gleichaltrigen verprügelt. Zwei einschneidende Erlebnisse, die er nie wieder so erleben will. Giwar lernt, noch brutaler zurückzuschlagen, wenn ihm jemand was will, und nimmt sich, was er kriegen kann – sei es, indem er ein Türsteherimperium aufbaut oder mit Drogen dealt. Als Giwar eine Drogenlieferung verliert, lässt er sich auf den Goldraub ein. Im deutschen Gefängnis wird aus Giwar der Rapper Xatar. Heimlich nimmt er dort mit einem Diktiergerät sein erstes Album auf.
„Rheingold“ – Biopic oder Gangsterfilm, Drama oder Aufsteigerstory?
„Rheingold“ hat von allem etwas. Mal hart und düster, mal komödiantisch und schelmenhaft. Das ist eine wagemutige Mischung, die nicht immer ganz aufgeht, in Summe aber einen so unterhaltsamen wie emotionalen Film ergibt, wie ihn nur Fatih Akin („Gegen die Wand“, „Tschick“) erzählen kann. Sehr viel Zeit nimmt sich Akin für den Goldraub, was zwar Spaß macht, den Film aber in die Länge treibt. Dagegen wird der Wandel, den Giwar im deutschen Gefängnis vollzieht, der ihn der Gewalt abschwören lässt und zum Musiker Xatar macht, etwas abrupt erzählt, weshalb dieser oberflächlich und nicht ganz nachvollziehbar scheint. Zudem setzt „Rheingold“ Gewalt so sexy in Szene, dass die Versuchung groß ist, sie gut zu finden, und bedient mit den Frauenfiguren um Giwar herum lauter Klischees – von der kämpferischen „Löwenmutter“ über die „reine“ Liebe des Lebens bis hin zum Sexobjekt, das Mann „klarmacht“. Der Film interessiert sich nicht dafür, den Menschen um Xatar/Giwar Komplexität zu geben. Zum Glück ist der Held der Geschichte selbst ein voller spannender Widersprüche steckender junger Mann – intelligent, begabt, Sohn von Eltern, die zur kulturellen Elite gehörten. Eigentlich hätte auch er einen anderen, einen ähnlichen Weg einschlagen können wie das von ihm verehrte Medizin studierende Nachbarsmädchen Shirin – er macht aber das komplette Gegenteil. Wie Emilio Sakraya diesen Xatar spielt, ist so wuchtig wie berührend. Das sorgt dafür, dass „Rheingold“ am Ende nicht einfach nur eine Heldensaga ist, die ihren Protagonisten naiv-blind abfeiert.
Kirsten Loose
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe