Rejected - Die Verstoßenen (OmU)

Nach dem Zusammenbruch der Zivilisation ist die Menschheit wieder im Mittelalter gelandet. In einer einfachen natürlichen Umgebung herrschen Aberglaube und Unterdrückung. Das Rechtssystem und die Moralvorstellungen basieren auf falschen, vermeintlich wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die süße Chisa-Blume gilt als größte Gefahr für die Menschheit. Wer sie berührt, wird in die Verbannung der Wildnis geschickt und dabei der Einsamkeit und dem Hunger ausgeliefert. In der Kirche predigt der Pfarrer die Dogmen um seine Untertanen zu unterdrücken. Kinder gelten wegen ihrer natürlichen Neugierde als besonders für den Sündenfall gefährdet, als „Gefäße des Bösen“ und die Kindheit wird als „Spielplatz des Teufels“ bezeichnet. So kommt es, dass sich Eltern von den eigenen Kindern abwenden, dass Misstrauen und Denunziation herrschen. Eine Gruppe verstoßener Kinder lebt allein auf sich gestellt, frei und wild in der weiten Natur. Bald entdecken sie die wahre Kraft der Blume, denn ihr Saft führt vielmehr dazu, die Wahrheit zu erkennen. Aber Erkenntnis und Wahrheit fürchten die Erwachsenen ganz offensichtlich am meisten. Und so wird ein aufbegehrender Junge der Hexerei beschuldigt und öffentlich gezüchtigt.

Der argentinische Kunstfilm entführt in eine fremde, seltsame, postzivilisatorische Gesellschaft. In der freien Natur unterwirft sich die Menschheit einem voll verinnerlichtem Herrschaftssystem, das auf einer absurden Ideologie beruht. Von Anfang an ist es die Gruppe wilder Kinder, die das Geschehen bestimmen. Die starken Filmbilder sind kunstvoll und überhöht, was von der atmosphärischen Musik noch unterstützt wird. Individualität hat in diesem unterdrückerischen System keinen Platz und so bleiben die Akteure namenlos. Aber der aufbegehrende Junge, der die Wahrheit über die erwachsenen Unterdrücker und den vermeintlichen Sündenfall herausgefunden hat, erhebt seine Stimme und benennt die dummen und sinnlosen Verbote der Herrschenden. Die Kindergesichter bleiben im Gedächtnis, sie vermitteln Natürlichkeit, Erkenntnisinteresse, Intelligenz und Stärke, während die Erwachsenen von der durch und durch ideologisierten Gesellschaftsform zu handlungsunfähigen Untertanen verkümmert sind. Die Geschichte zeigt die Suche nach Wahrhaftigkeit über den freien, anarchischen Geist der Kinder. An einer Stelle sagt ein Mädchen „je mehr sie uns hassen, desto stärker werden wir“. Der eigenwillige Film ist eine Parabel über Glaube und Aberglaube, über Ideologie und Rebellion. Die Kinderbande in der weiten Natur wird oft auch in Drohnen-Totalen eingefangen, die ebenso poetisch wie konkret vom Freiheitswillen der jungen Generation erzählen. Ein rätselhafter und verwunschener Film mit einer glasklaren, antiideologischen Botschaft.

Christiane Radeke