Pokémon Meisterdetektiv Pikachu

Nach über 20 Kinofilmen im guten, alten Zeichentrick betritt das Pokémon-Franchise erstmals Realfilmboden. „Pokémon Meisterdetektiv Pikachu“ schickt neben den legendären Wesen echte Schauspieler*innen ins Rennen – darunter ihrerseits Legenden wie der unnachahmliche Bill Nighy und Ken Watanabe. Der Schritt zum Realfilm macht nur Sinn, nachdem mit Pokémon Go im Jahr 2016 auch die erste Augmented-Reality-Version des beliebten Spiels herauskam, für tragbare Endgeräte. Der lang gehegte Poké-Traum wird wahr: Unsere Welten wachsen zusammen!
Die Geschichte von „Pokémon Meisterdetektiv Pikachu“ ist nur grob angelehnt ans ebenfalls 2016 erschienene, gleichnamige Videospiel – und sie spielt sich außerhalb der „Universen“ bisheriger Anime-Serien und Videospiele ab, in der bis dato unbekannten Stadt Ryme City. Die neu eingeführte Hauptfigur heißt Tim Goodman. Er ist der Sohn eines vorbildlichen Detektivs, der bei einem geheimnisvollen Einsatz ums Leben gekommen sein soll. In dessen Büro stößt Tim auf ein Pikachu, das zu seiner großen Überraschung sprechen kann. Gemeinsam mit dem kleinen, gelben Partner geht Tim jenem geheimnisvollen Einsatz auf den Grund. Unterstützt werden die beiden von Lucy Stevens, einer angehenden Reporterin mit großen Träumen.
Selbst wenn die alte Flamme nicht mehr brennt, verspürt man doch als damaliger Poké-Nerd noch ein gewisses Kribbeln bei der Erkenntnis, dass ein fast vergessener Wunsch in Erfüllung geht: Pokémons werden real! Na ja, quasi-real. Abgesehen vom wirklich flauschigen Pikachu sind die Kreaturen doch arg Computerspiel-plastisch geraten. Die technische Umsetzung kommt nicht an CGI-Spektakel wie „Planet der Affen“ oder Andy Serkis’ „Mogli“ heran. Auch der Bär Paddington, um fairerweise einen anderen Kinderfilm zu nennen, stellt selbst Pikachu in den Schatten. Dennoch ist es natürlich interessant zu erfahren, mit welcher Textur die einzelnen Pokémon im Realfilm genau in Erscheinung treten. Siehe da: Pummeluff trägt ne echte Elvis-Tolle!
Als sei das nicht genug Schauwert, setzt der Film auf ein Effekt-Gewitter (oder vielmehr: Erdbeben), dass in seiner Irrelevanz für den (ohnehin hinkenden) Plot geradezu vor den Kopf stößt: In einer zähen Sequenz erheben sich überdimensionierte, weil genmanipulierte Chelterrars (eine Art Riesenschildkröten mit Wald auf dem Rücken), um sich nach der minutenlangen Aktion einfach wieder hinzulegen. Eine Action-Szene von vielen, während die schönen Momente moralischer Reflektion, die man aus den Zeichentrick-Poké-Filmen gewohnt ist, eher rar gesät sind. Stattdessen darf Pikachu – seiner Stimme sei dank! – etliche Sprüche klopfen, von denen einige ziemlich witzig sind. Im Original wird der gelbe Zwerg übrigens von Ryan Reynolds gesprochen, der sich in diesem rasanten Abenteuer sogar vor der Kamera noch kurz die Ehre gibt. Insgesamt bleibt leider der bittere Nachgeschmack, dass aus dem ersten Pokémon-Realfilm mehr herauszuholen gewesen wäre. Mehr fürs Herz und mehr für den Humor erwachsener Kinogänger*innen, die ihre Kinder begleiten und/oder ihrem inneren Kind jenen fast vergessen Wunsch erfüllen möchten.