Only Yesterday - Tränen der Erinnerung

Als alle anderen Klassenkameradinnen in den Sommerferien aufs Land fahren durften, musste Taeko meist allein in Tokio bleiben – abgesehen von einem recht langweiligen Urlaub mit der Großmutter, den sie glücklicherweise durch einen Unfall vorzeitig beenden konnte. Mittlerweile 27 Jahre alt, sehnt sich Taeko noch immer nach dem Landleben. Eine Reise aus ihrem Alltag als Büroangestellte in der Großstadt hinaus aufs Land zu entfernten Verwandten wird dabei zu einer Reise in die eigene Kindheit. Taeko erinnert sich an die ersten Momente des Verliebtseins zu Beginn der 1960er-Jahre, an die Schmetterlinge im Bauch, an Zwist mit ihren älteren Schwestern und die eigene Sturheit. Während die Bilder der Vergangenheit sie nicht loslassen, hilft sie bei der beschwerlichen Distelernte auf den Feldern und erlernt die langwierige Arbeit der Herstellung von Farben. Große Zuneigung empfindet sie dabei für den etwa gleichaltrigen Toshio, der mustergültig vorlebt, wie der Mensch in Einklang mit der Natur leben kann.

Die beengende Raumknappheit der Großstadt einerseits, die unbegrenzte Offenheit des Landes andererseits – zwischen diesen Polen entspinnt Regisseur Isao Takahata die Geschichte der Selbstfindung einer jungen Frau. In einem langsamen und äußerst bedächtigen Erzählrhythmus sucht er nach Bildern für ihre Sehnsüchte und Wünsche. Dabei sind es, wie bei Takahatas viel gelobtem Kriegsdrama „Die letzten Glühwürmchen“, insbesondere die kleinen Gesten und die genaue Beobachtung, die die melancholische Atmosphäre des Films prägen. Vorwerfen lassen muss er sich dennoch, seine Geschichte mitunter allzu vereinfachend nostalgisch zu verklären. So überzeugt die Identitätsfindung Taekos (und die Liebesgeschichte) als persönliche Entwicklung weit mehr als die idealistische Botschaft vom Glück des Landlebens. Ein reifer Anime, eher für ältere Zuschauer als für Kinder, der im Gegensatz zu den Filmen Hayao Miyazakis nicht das Märchenhafte in den Vordergrund stellt.

Neben der Filmfassung in Form von Storyboards enthält die Bonus-DVD eine aufschlussreiche 45-minütige Dokumentation über den Entstehungsprozess des Films, die zudem auf die Zusammenarbeit der beiden international renommierten Anime-Regisseure Takahata und Miyazaki eingeht.

DVD-Bildformat: 1:1,85 Ton: Dolby Surround, Dolby Digital 2.0 Sprachen: Deutsch, Japanisch Untertitel: Deutsch DVD-Extras: Storyboards, Behind the Scenes, Sammelkarten

Stefan Stiletto