My Daemon

In der postapokalyptischen Welt der Anime-Serie „My Daemon“ sind Kreaturen mit übernatürlichen Kräften ganz normaler Teil des Alltags. Doch entweder sind sie von sogenannten Daemonen-Zügler*innen gebändigt und werden über ein Elektroschock-Halsband kontrolliert oder sie gelten als wild und gefährlich und werden mit allen Mitteln bekämpft. So oder so sind Angst und Ekel gegenüber diesen Wesen fest in den Köpfen der Menschen verankert – und es braucht erst einen unschuldigen 11-jährigen Jungen, um zumindest auf die Idee zu kommen, dass Hass und Gewalt vielleicht nicht der beste Weg sind, wenn verschiedene Spezies sich eine Welt teilen müssen.

Was dich in der Anime-Serie „My Daemon“ erwartet:

Als Kento im Wissenschaftsunterricht plötzlich seine kleine Daemonin Anna vorstellt, die er zufällig gefunden und seither rundum liebgewonnen hat, sind alle um ihn herum vollkommen erschüttert: Denn nach den gängigen Regeln hätte die kleine vierbeinige Kreatur mit lauter Augen auf dem ganzen Körper längst „entsorgt“ werden müssen. Und ein Daemon ohne Halsband geht erst recht nicht! Doch Kento lässt sich davon nicht beeindrucken, kümmert sich weiter liebevoll um seine niedliche Anna und entdeckt fasziniert, worin ihre besondere Fähigkeit besteht: Sie kann alle möglichen Gegenstände in sich aufsaugen und bei Bedarf wieder hervorholen – und während sie in ihr gespeichert sind, hat die Zeit keinerlei Einfluss auf die Sachen.

Praktisch für Lebensmittel kurz vor dem Ablaufdatum, findet Kentos Mutter. Praktisch und mitunter lebensrettend auch in ganz anderen Situationen, wie Kento selbst später feststellen wird. Denn aus irgendeinem Grund scheint der Vorsitzende der übermächtigen „Friedensorganisation“, die Daemonen jagen und erforschen, schon länger hinter dem unscheinbaren Speicherdaemon her zu sein. Und als dann ein Kopfgeld von 100 Millionen Yen auf Anna ausgesetzt wird, wird Kentos komplettes Leben auf den Kopf gestellt. Bei einem Angriff wird seine Mutter getötet, fortan hat der Junge zwei Aufgaben: Anna beschützen und gleichzeitig mit ihr gemeinsam einen Daemon finden, von dem er gehört hat, dass er die Zeit manipulieren kann. Die einzige Chance, um seine in Annas Körper gespeicherte Mutter wieder zu Leben zu erwecken. Als er sich auf den Weg macht, ist Kento sich noch nicht bewusst, was für eine abenteuerliche Reise ihn erwartet.

Warum die Daemonen-Serie von Netflix absolut überzeugt:

Klar dreht sich in der Serie sehr viel um die Daemonen und wie sich die Welt mit ihnen verändert hat. Aber im eigentlichen Kern geht es in „My Daemon“ um etwas ganz Banales: nämlich darum, wie wir als Menschen mit herausfordernden Situationen und mit tief sitzenden Ängsten umgehen – und wie viel Menschlichkeit wir uns dabei bewahren können und wollen. Konfrontiert mit übermächtigen Kräften ist es in dieser Welt zur Gewohnheit geworden, Daemonen als gefährlich, verabscheuungswürdig oder – sofern gebändigt – maximal als nützlich zu betrachten. Ohne dabei auch nur ansatzweise über die Gefühle und Bedürfnisse dieser Wesen nachzudenken. Serien wie „The Walking Dead“ oder „Westworld“ haben bereits eindrucksvoll gezeigt, dass die größten Probleme und Grausamkeiten gar nicht so sehr mit der Bedrohung von außen kommen, sondern von den Menschen selbst ausgehen. „My Daemon“ schlägt genau in diese Kerbe, nur wesentlich leichtfüßiger und mit der faszinierend ungebändigten Liebe eines kleinen Jungen.

Es ist einfach großartig, wie unvoreingenommen Kento allen Daemonen gegenübertritt – egal wie groß oder gefährlich sie erscheinen. Und wie er in ihnen allen Schönheit entdeckt, vor allem natürlich bei Anna, die er immer wieder in den Himmel lobt mit Sätzen wie: „Du bist so unglaublich süß, ich würd dein Gesicht gerne auf jeden Geldschein drucken lassen.“ Einfach ein tolles Beispiel für kindliche Betrachtungsweisen, die den oft in Mustern gefangenen Erwachsenen immer wieder den Spiegel vor Augen halten. Hier ganz nach dem Motto: Alle haben gesagt, das geht nicht (nämlich dass Menschen und Daemonen friedlich koexistieren). Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat einfach gemacht. Und siehe da …

Eine facettenreiche Abenteuerreise mit aufregenden, schönen und auch witzigen Momenten

Davon ab erwartet dich mit „My Daemon“ eine spannend-schöne Abenteuer-Story mit jeder Menge neuen Begegnungen und Wendepunkten. Dabei ist es schon erstaunlich, wie viel in den insgesamt dreizehn doch eher kurzen Folgen passiert. Und beim actiongeladenen Eintauchen in die facettenreiche Welt der Daemonenwelt sind einige coole und mitunter auch einfach witzige Ideen dabei: Beispielsweise eine riesige Spinne, die schöne Gegenstände (bis hin zu ganzen Hochhäusern) sammelt und sorgsam in ihrer Höhle aufbewahrt. Oder drei Daemonen, die jeweils Stein, Schere und Papier verkörpern.

Überraschungen und herzerwärmende Momente gibt es natürlich auch auf der menschlichen Seite, also am besten einfach mal reinschauen. Ob es eine zweite Staffel geben wird, ist zwar leider noch ungewiss – aber auch ohne eventuelle Fortsetzung kannst du dich hier auf eine runde und in sich abgeschlossene Geschichte freuen. Ob Anime-Fan oder nicht: auf jeden Fall ein Tipp für die Watchlist!

Marius Hanke