Mittwoch 04:45

Irgendwann gab es mal den Moment, in dem für Stelios alles möglich schien. Heute sieht das anders aus. Die Träume sind geplatzt. Der Live-Jazz-Club, den er vor 17 Jahren eröffnet hat, dümpelt erfolglos vor sich hin. Nun fordert auch noch der Rumäne, von dem er sich immer wieder Geld geliehen hat, dass Stelios seine Schulden begleicht. 150.000 Euro haben sich angesammelt, teils durch schlechtes Wirtschaften, teils durch einen zu hohen Lebensstil, teils durch das Koks, das Stelios seit einiger Zeit stets begleitet. Ein paar Stunden hat er nun Zeit, um sein Leben – und das seiner Familie – zu retten. Doch je weiter die Nacht voranschreitet, desto chaotischer wird alles. Als er Zeuge wird, wie zwei Handlanger des Rumänen skrupellos einen Mann vor den Augen seines kleinen Sohns erschießen, wird Stelios bewusst, dass es weder ein Zurück noch Kompromisse gibt.

Alexis Alexiou hat kein schweres Drama vor der Hintergrund der griechischen Wirtschaftskrise gedreht, die die Figuren und deren Lebensträume fest im Griff hat, sondern einen waschechten Genrefilm, der bestechend in Szene gesetzt ist. Mit schummrigen Nachtclubs, dunklen Unterführungen und regennassen Straßen, in denen sich das Neonlicht spiegelt, erinnert der Look des Films nicht selten an die Stadtansichten aus Filmen von Michael Mann („Heat“, „Collateral“). Die verstreichende Zeit gibt die äußere Spannung des Thrillers vor, der auf Actionszenen weitgehend verzichtet und stattdessen auf Atmosphäre setzt. Immer wieder lässt sich der Film dabei als böser Kommentar auf die Gegenwart in Griechenland lesen: Die Menschen haben längst jede Hoffnung verloren, den Druck, dem sie standhalten müssen, geben sie dabei stets an schwächere Glieder der Kette weiter. Diese pessimistische Stimmung ist es, die am längsten nachhallt. Ein metaphorisch überhöhtes Portrait von Menschen, denen die Kontrolle über ihr Leben entglitten ist und die nicht wieder Fuß fassen können.

Stefan Stiletto