Vom glamour-verwöhnten It-Girl zur einfachen Studentin: In der südafrikanischen Serie „Miseducation“ erfährt Mbali nach einem Skandal um ihre Mutter plötzlich, wie es ist, ein Leben ohne ihre Privilegien zu führen. Und bringt dabei eine komplette Kleinstadt-Uni durcheinander – auf die gute Weise!

Was dich in der Netflix-Serie „Miseducation“ erwartet:

Gerade hat sie ihren alten Freund abserviert, weil ihre Brands einfach nicht zusammenpassen. Im kommenden Jahr will sie als Influencerin voll durchstarten. Und plötzlich wird ihre fulminante Party zum 19. Geburtstag jäh durch eine Razzia unterbrochen: Ihre Mutter wird der Korruption verdächtigt, und das ausgerechnet als Ministerin für Finanzhilfen. Damit ist dann auch Mbali gecancelt und außerdem finanziell erstmal komplett auf sich allein gestellt. Statt der Elite-Uni erwartet sie nun ein einfaches Studentinnen-Leben im provinziellen Makhanda, wo sie dafür immerhin niemand kennt und sie so ganz neu anfangen kann. (Hofft sie zumindest.) Und tatsächlich: Trotz eines eher holprigen Starts an der Uni findet sie mit dem trickreichen Überlebenskünstler Jay und der nerdigen Professor*innen-Tochter Natalie überraschend passende Weggefährt*innen und erlebt wohl zum ersten Mal, was wahre Freundschaft wirklich ausmacht. Außerdem verguckt sie sich in den allseits beliebten Kapitän der Rudermannschaft, der aktuell Hochschulpräsident werden will. Dieser hat zwar eine Freundin, aber bei der Wahl schon bald alle Hilfe nötig, um gegen den altbewährten (und offen gestanden unausstehlich egoistischen) Kandidaten zu bestehen. Da kommt Mbali genau richtig – schließlich kennt sie sich mit Branding perfekt aus und greift zur Not auch auf gewagte Manöver zurück. Selbst wenn sie damit das Universitätstreiben bis in den Ausnahmezustand treibt …

Lohnt sich die erste Staffel von „Miseducation“ für mich?

Wenn du Serien wie „Noch nie in meinem Leben“, „Sex Education“ und „Heartbreak High“ magst, ist „Miseducation“ auf jeden Fall einen Blick wert. Der Spirit geht in eine ähnliche Richtung, wobei hier noch stärker unterschiedliche Lebensrealitäten aufeinandertreffen: Auf der einen Seite ist da der wohlbehütet aufgewachsene und erfolgsverwöhnte Sivu mit einem sympathischen, doch ziemlich naiven Sinn für Gerechtigkeit. Auf der anderen Seite Jay, der sich sein Studium mit einem eigenen kleinen Studi-Uber-Service und dem Verkauf von Adderall sowie Festplatten-killenden USB-Sticks finanziert, und Mbalis Zimmergenossin Aphiwe, die einen ähnlichen Struggle hat, es aber auf die ehrliche Weise versucht. Dazwischen steht Natalie, die wie ihr Adoptivbruder Sivu immer alles hatte, aber unter den Student*innen keinen Anschluss findet. Und natürlich ist da auch noch Mbali, die tief gefallen ist und nun mit aller Kraft versucht, ihre alten Standards zurückzugewinnen. Dabei ist sie anfangs ganz schön anstrengend mit ihrer selbstbezogenen Art – aber nach den ersten ein, zwei Folgen hast du sie vermutlich ebenfalls ins Herz geschlossen.

Ansonsten geht es in der Serie ziemlich drunter und drüber – mit politischen Machtkämpfen, dem aufsehenerregenden Diebstahl einer Kolonialisten-Statue, Sex-Eskapaden mit dem Professor, einem Rick-and-Morty-Moment und der unterschwelligen Frage: Wer will ich überhaupt sein, mit wem und warum? „Miseducation“ wird also garantiert nicht langweilig, macht Spaß und hält so manche Überraschung bereit. Einziges Manko vielleicht: Bisher gibt es keine deutsche Synchro (aber dafür deutsche Untertitel).

Marius Hanke