Mein etwas anderer Florida Sommer

Zwei Menschen vor einem Regal voller schwarzer Schuhe. Eine Wäscheleine, auf der die Klamotten farblich sortiert hängen. Mutter und Sohn, zusammen in ihrer Wohnung. Kann das lustig sein? Kommt drauf an, wie das gezeigt wird! Und Simon Bird, der Regisseur von „Mein etwas anderer Florida Sommer‟ hat dabei ein besonders gutes Händchen gehabt. Seine Verfilmung des Comics „Days of the Bagnold Summer‟ von Joff Winterhart strotzt nur so vor Bildwitz. Strenge Aufteilungen prägen den Film und zerteilen das Bild, das dadurch oft an eine Comicseite mit mehreren kleinen Panels erinnert. Aber das ist nur der Hintergrund. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen der 15-jährige Daniel und seine 52-jährige Mutter Sue. Und die sind nicht minder seltsam, gehen aber in den richtigen Momente auch richtig zu Herzen.

Der Film beginnt mit einer großen Enttäuschung für Daniel. Eigentlich hatte er sich darauf gefreut, die nächsten sechs Wochen die verschlafene englische Kleinstadt zu verlassen und seinen Vater in Florida zu besuchen. Doch der sagt kurzfristig ab. Seine neue Frau erwartet in Kürze ein Baby, und da würde Daniel nur stören. Jetzt müssen Daniel und Sue zusehen, wie sie die Sommerferien gemeinsam überstehen. Ein paar Ziele wären schön, findet Sue und schickt Daniel mit Bewerbungen für einen Ferienjob los. Aber das einzige, was den stets in schwarz gekleideten Teenager mit den langen fettigen Haaren wirklich interessiert, ist Musik. „Musik ist meine Religion‟, sagt er einmal. Und das heißt konkret: Metal. Laut. Kreischende Sänger, kreischende Gitarren, harte Schlagzeugsoli. Tatsächlich wird bei einer lokalen Band ein Sänger gesucht. Das Problem ist nur: Daniel ist zu schüchtern und traut sich nicht, dort vorzusingen.

„Mein etwas anderer Florida Sommer‟ erzählt gleich zwei Geschichten. Die von Daniel, der lernt, wo er wirklich hingehört und auf wen er sich verlassen kann. Und die seiner Mutter, die auch mit einer Enttäuschung umgehen muss und ein neues Ziel im Leben sucht. Ganz unaufgeregt kommt dieser liebenswerte Film daher, punktet mit sympathischen Darsteller*innen und viel Witz und Humor. So cartoonig Daniel und Sue zunächst wirken, so echt wirken sie am Ende. Eine schönere Liebeserklärung an eine Zwei-Personen-Familie gibt es derzeit nicht.

Stefan Stiletto