Medusa

Film: Medusa
Länge:
127 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
01.12.2022
Regie:
Anita Rocha da Silveira
Darsteller:
Mari Oliveira (Mariana), Lara Tremouroux (Michele), Joana Medeiros (Karen), Felipe Frazão (Lucas), Thiago Fragoso (Pastor Guilherme) u. a.
Genre:
Horror , Politischer Film
Land:
Brasilien, 2021

Darum geht es in „Medusa“:


Mariana ist jung und strenggläubig. Wie ihre beste Freundin Michele ist sie fest davon überzeugt, dass Frauen schön und unterwürfig sein müssen, um Männern zu gefallen. Bis sie diesen eine treu sorgende Ehefrau sein werden, gilt es, ein keusches und unbescholtenes Leben zu führen. Beide gehören einer freikirchlichen und fanatischen Religionsgemeinschaft an. Sie singen dort im Mädchenchor und sind von dem charismatischen Sektenführer Pastor Guilherme fast genauso überzeugt wie von Jesus Christus. Zur Sekte gehört auch eine gut ausgebildete Kampftruppe mit offen rechtsextremer Weltanschauung, aus deren Reihen sich die späteren Ehemänner rekrutieren. Die Anhängerinnen der Sekte sind allerdings nicht minder brutal: In der Nacht zieht die Mädchengruppe maskiert durch die Stadt, um Ungläubige und „unmoralische“ Menschen mit Gewalt zu bekehren und sie im Internet bloßzustellen. Bei einem dieser „Einsätze“ wird Mariana im Gesicht verletzt, was dem propagierten Schönheitsideal zuwiderläuft. Sie verliert ihren Job in einer Schönheitsklinik und wird von ihrer Freundin dazu gedrängt, zur „Buße“ einen Job in einer Klinik für Koma-Patient*innen anzunehmen. Dort soll sie eine Frau ausfindig machen, die vor Jahren angeblich die „Sünde“ in die Stadt gebracht hat und als moderne Medusa mit einem verbrannten Gesicht bestraft wurde. Dem Geheimnis dicht auf der Spur, geraten Marianas Glaubensgrundsätze in der Klinik immer mehr ins Wanken.


Was an diesem Film besonders ist?


In ihrem zweiten Langspielfilm greift die brasilianische Filmemacherin Anita Rocha da Silveira den griechischen Mythos von Medusa auf, bei deren Anblick jeder Mensch versteinert. Sie verbindet diesen Mythos mit Caravaggios Gemälde von der enthaupteten Medusa, die als Monster mit einem Schlangenkopf, aber zugleich als Opfer dargestellt wird, und vermischt das mit einer gehörigen Portion Pop-Ästhetik, Musical- und Horrorelementen. Denn was könnte schlimmer sein, als der Horror des Alltags, dem die jungen Frauen sich allzu bereitwillig aussetzen? Die mythologischen und kulturgeschichtlichen Bezüge sind keine Voraussetzung, um den Film zu verstehen. Die teilweise überspitzte Gesellschaftskritik an politischen und religiösen Entscheidungsträgern, die ihre Privilegien schamlos ausnutzen und ihre eigenen Normen und Regeln anderen notfalls mit Gewalt aufzwingen, ist deutlich zu erkennen. Das Gleiche gilt für den feministischen Ansatz, der sich für die Gleichberechtigung von Frauen stark macht und selbstironisch zugleich die mangelnde Solidarität unter Frauen bemängelt. Stimmig ist auch die konsequent eingesetzte Farbdramaturgie, mit grellen Farbtönen in der Welt des schönen Scheins und dunkelgrünen und düsteren Farben in der Welt der Koma-Patient*innen. Letztere Welt könnte paradoxerweise dennoch zum Ausgangspunkt eines selbstbestimmten Lebens werden.

Holger Twele

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: OF mit deutschen UT

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (26. Woche 2023).