Lost and Delirious

Mary ist die Neue in einem Mädcheninternat. Sie ist die verschüchterte kleine Maus, die von ihrer Zimmergenossin Paulie erfährt, dass es auch ganz anders geht. Ihren ersten Eindruck gewinnt sie von Paulie bei einer rauschenden Schulparty, wo die talentierte und temperamentvolle Schülerin ganz in ihrem Element ist. Zu Mitschülerin Torrie hat Paulie eine leidenschaftliche Beziehung. Als staunende Beobachterin erlebt Mary die intimsten Momente des Glücks zwischen den beiden. Irgendwann ertappt Torries Schwester das Paar im Bett. Von da an wendet sich Torrie demonstrativ den Jungen zu und lässt Paulie in größter Verzweifelung zurück. Mary, die all dies aus unmittelbarer Nähe erlebt, ist längst keine naive Maus mehr und muss mit ansehen, wie Paulie vor Schmerz vergeht. Ganz im Unterschied zu ihrer Schulleiterin, die ihre Gefühle zu Frauen in einem intellektuell übersteigerten Genuss an Literatur umformt, besteht Paulie darauf ihre Liebe ausleben zu können.
"Lost and Delirious" prescht mit der tragischen Heldin seiner Geschichte voll Überschwang vor und konfrontiert den Zuschauer mit einem Chaos der Gefühle. Manchmal bewegen sich die dramatischen Gefühlsäußerungen knapp am Rande des Pathos. Doch so viel Ausdrucksstärke darf sein - muss vielleicht sogar sein, da Homosexualität trotz der Anerkennung von Lebenspartnerschaften noch längst nicht landläufig akzeptiert ist. Das so mitfühlend behandelte Dilemma Jugendlicher bei der Ausprägung ihrer sexuellen Identität wurde bisher selten so eindringlich behandelt.

Gabi Brandt