Josie, der Tiger und die Fische
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Mal wieder ein Film, in dem es die Menschen ans Meer zieht. Nein, neu und originell ist das ganz sicher nicht. Aber dieses Sehnsuchtsbild zieht einfach, auch hier. In dem Anime „Josie, der Tiger und die Fische“ von Kotaru Tamura sind es gleich zwei Figuren, für die das Meer eine besondere Bedeutung hat.
Worum es in „Josie, der Tiger und die Fische“ geht:
Tsuneo liebt das Tauchen und will in Mexiko Meeresbiologie studieren. Auch Josie zieht es in ihren Tagträumen immer wieder ins Meer. Als Meerjungfrau gleitet sie dann durch die Wellen – eine Freiheit allerdings, die sie in ihrem Alltag nicht spürt. Von ihrer ängstlichen und überbehütenden Großmutter wird sie seit jeher kaum aus den Augen gelassen, weil sie von Geburt an querschnittsgelähmt ist. Bücher und Zeichnungen sind Josees Welt. Eines Tages trifft sie auf Tsuneo. Liebe auf den ersten Blick ist es allerdings nicht, im Gegenteil. Als Tsuneo von Josies Großmutter engagiert wird, ihrer Enkelin gelegentlich Gesellschaft zu leisten und sie damit zu entlasten, wird die Beziehung nicht besser. Josie will und braucht keinen Aufpasser. Bevor Tsuneo den Job wieder aufgeben will, weil er mit Josie nicht klar kommt, kann sie ihm jedoch noch einen Wunsch abtrotzen. Tsuneo soll mit ihr ans Meer fahren, das sie noch nie gesehen hat – ohne Wissen der Großmutter.
Lohnt sich „Josie, der Tiger und die Fische“ für dich?
Ganz im Hier und Jetzt ist der Anime verwurzelt, der sich bald zu einer still beobachtenden Romanze entwickelt. Dabei begegnen sich beide Figuren auf Augenhöhe. Josie braucht zwar manchmal Unterstützung, ist aber nicht auf Tsuneo angewiesen, hat ihren eigenen Kopf. Eingeschränkt wird sie auch weniger von ihrem Rollstuhl, sondern vor allem durch ihre Großmutter, die ihr zu wenig zutraut und ihr deshalb wichtige Erfahrungen vorenthalten hat. In dieser Hinsicht wird Tsuneo dann tatsächlich zum Türöffner, weil er Josie eine Welt zeigt, die sie so bislang noch nicht gesehen und erlebt hat.
Es ist angenehm, dass Mitleid hier anders als so oft keine Rolle spielt und der Anime vor allem eine große Liebesgeschichte sein will. Um Träume geht es in diesem Slice-of-Life-Anime, der durch seine ruhige Inszenierung und Poesie besticht, aber auch um Ängste sowohl von Tsuneo als auch von Josie – und wie die beiden diese gemeinsam überwinden und sich Mut machen. Ein wenig störend ist jedoch, dass sich ausgerechnet dafür auch Tsuneo im Laufe der Handlung noch verletzen muss, so dass seine Träume plötzlich in Frage stehen. Da versucht die Geschichte unbeholfen zu vergleichen, was nicht zu vergleichen ist, und bedient dann doch mehr die Erzählung von einem „Schicksalsschlag“ als von Normalität.
Wer mit Animes nichts anfangen kann, die Geschichte aber interessant findet, kann sie sich übrigens auch als Realfilm ansehen: 2003 hat Isshin Inudo die Kurzgeschichte von Seiko Tanabe in Japan schon einmal verfilmt, und auch in Korea entstand 2020 eine Adaption von Kim Jong-kwan.
Stefan Stiletto
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe