Im Nachtlicht

Gruselig und spannend? Klingt gut! Ein deutscher Film? Lieber nicht ... Hierzulande produzierte Horrorfilme oder Thriller haben's verdammt schwer. Nicht nur, weil sie häufig keine Fördergelder erhalten, sondern auch, weil – wenn es dann doch mal ein Werk ins Kino schafft – die Plätze meistens leer bleiben. Respekt also für alle Filmemacher*innen, die es dennoch weiter versuchen! Auch Misha L. Kreuz wagt sich mit seinem Spielfilmdebüt, dem Mystery-Beitrag „Im Nachtlicht“, aufs Glatteis.
Worum es in „Im Nachtlicht“ geht:
Als ihre befristete Arbeit in einem Supermarkt endet und sie ihren aktuellen Schlafplatz verlassen muss, heißt es für Minthe Hellheim mal wieder: Was nun? Seit ihrer Kindheit, die sie in verschiedenen Heimen verbracht hat, taumelt die depressive junge Frau durchs Leben. Verzweifelt auf der Suche nach etwas Halt. Und geplagt von seltsamen Albträumen. Das Jobcenter kommt zwar rasch mit einer neuen Perspektive für die gelernte Schreinerin um die Ecke. Minthe hat aber zunächst keine Lust, das Angebot anzunehmen. Immerhin müsste sie dafür in ihren Heimatort zurückkehren, der genau so heißt wie ihr Nachname. Eine Enttäuschung später ändert sie jedoch ihre Meinung und findet sich kurz darauf in einer alten Mühle wieder, die sie instand halten soll. Wie Minthe erfährt, ranken sich schaurige Legenden um das Gemäuer. Das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt, wird nach ihrer Ankunft immer stärker.
Lohnt sich „Im Nachtlicht“ für dich?
Ob sich Debütregisseur Kreuz wirklich einen Gefallen damit tut, seinen Film mit einem bedeutungsschweren Zitat aus der griechischen Mythologie zu eröffnen? Auf jeden Fall bringt er auf diese Weise seine hohen Ansprüche zum Ausdruck. „Im Nachtlicht“ will mehr sein als knackige Genreunterhaltung, möchte die Zuschauer*innen auch mit sozialkritischen Gedanken konfrontieren. Alles andere als eine schlechte Idee, schließlich sind die besten Horrorfilme meist solche, die Schrecken und eine gesellschaftliche Perspektive clever verbinden – siehe „Get Out“ und (Achtung, es gibt auch positive deutsche Beispiele!) „Schlaf“. Kreuz rückt die seit der #MeToo-Debatte oft diskutierte toxische Männlichkeit in den Blick: Hemmungsloses Alphatiergehabe, Machtgier, Frauenfeindlichkeit und Homophobie kommen in seiner Geschichte zum Tragen. Schade allerdings, dass er dabei ständig auf krasse Zuspitzungen setzt und viele Elemente ziemlich beliebig erscheinen.
„Im Nachtlicht“ ist ein Mix aus zahlreichen bekannten Versatzstücken, die sich nie zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen. Das größte Problem: Immer wieder schlägt das Geschehen ins unfreiwillig Komische um. Einige Darsteller*innen sind mit ihren Rollen spürbar überfordert. Mehrfach sagen die Figuren Sätze auf, die schrecklich unnatürlich klingen. Manche Charaktere – besonders die von Ruby O. Fee gespielte Eva – tragen merkwürdig absurde Kostüme. Und die Wandlung der Protagonistin fühlt sich alles andere als glaubwürdig an. Nervenkitzel und eine bedrohliche Stimmung werden dadurch leider im Keim erstickt.
Christopher Diekhaus
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FilmverleihRealFiction Filmverleih