Ich reise allein

Bergen in Norwegen, 1997: Jarle ist 25 Jahre alt, studiert Literaturwissenschaften, zitiert bei jeder sich bietenden Gelegenheit Marcel Proust und genießt ansonsten das freie Studentenleben. Partys, unverbindliche Affären gekoppelt mit viel Alkohol bestimmen seinen Alltag. Bis er einen Brief bekommt mit der Nachricht, er habe eine fast siebenjährige Tochter. Charlotte Isabel ist das Ergebnis eines One-Night-Stands in der Schulzeit; an die Mutter kann sich Jarle nicht mehr erinnern. Doch nicht genug damit, dass der „große Junge“ plötzlich zum Vater ernannt wird, seine Tochter soll nun auch noch eine Woche bei ihm verbringen und ihren siebenten Geburtstag mit ihm feiern. Zum Glück ist Charlotte Isabel oder einfach „Lotte“ ein sensibles wie selbstbewusstes Kind, das zunächst mit der Unbeholfenheit ihres Vaters gut umgehen kann. Denn Jarle ist nicht gewillt, sein bisheriges Leben aufzugeben und Verantwortung für seine Tochter zu übernehmen. Doch als Jarle den Bogen überspannt, reicht es der kleinen Lotte und sie verschwindet.

Regisseur Stian Kristiansen („Der Mann, der Yngve liebte“) wählt für seine späte Coming-of-Age-Komödie einen heiter-besinnlichen Ton, kombiniert mit beliebten Songs von den Pixies, Pulp, Stereo 21 sowie der Mathias Rust Band. Dabei vermeidet er, Konflikte zuzuspitzen, sondern betrachtet seinen nicht erwachsen werden wollenden Helden eher mit feiner Ironie und bringt großes Verständnis für ihn auf. Denn eigentlich ist es Jarles gut funktionierendes soziales Umfeld – ob seine Mutter, die Nachbarin oder die Freunde –, das ihm bis zum Schluss die ernsthafte Zuwendung zu seinem Kind abnimmt. Erst als Lotte und ihre Mutter wieder nach Hause fahren, scheint Jarle etwas zu begreifen. Es bleibt zu hoffen, dass seine Tochter zukünftig davon profitieren kann.

DVD-Bildformat: 1:2,35; 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Norwegisch
Untertitel: Deutsch

Barbara Felsmann