Ich fühl mich Disco

Florian liebt Schlager. Für ihn gibt es nichts schöneres, als mit seiner Mutter auf dem Boden zu liegen und Schnulzen zu hören. Und das am liebsten noch verkleidet wie sein Idol Christian Steiffen. Florians Vater Hanno kann damit überhaupt nichts anfangen. Wie sehr würde sich Hanno wünschen, dass sein Sohn das Zeug zum erfolgreichen Turmspringer hätte. Schließlich trainiert er die Mannschaft. Doch ausgerechnet der dickliche, unsportliche Florian erweist sich auf dem Sprungbrett als ängstliche Niete. So kommt es häufig zum Streit zwischen Vater und Sohn. Und es wird noch schlimmer, als Florians Mutter eines Tages einen Schlaganfall erleidet und ins Koma fällt. Jetzt müssen Hanno und Florian zusehen, wie sie ihr Leben ohne die Mutter meistern. Und dann verliebt sich Florian auch noch zum ersten Mal. Ausgerechnet in seinen Turmspringerkollegen Radu.

Axel Ranisch hat ein gutes Gespür dafür, überaus überdrehte, zugleich aber auch im Alltag verwurzelte, sehr lebensnah und wahr wirkende Geschichten zu erzählen. „Ich fühl mich Disco“ sprüht nur so vor skurrilem Humor und angenehmer Situationskomik, räumt den schreiend komischen, selbstironischen Liedern des (tatsächlich existierenden) Schlagersängers Christian Steiffen viel Raum ein und lässt Realität und Fantasie elegant ineinander fließen. Andererseits ist stets zu spüren, wie ernst Ranisch seine sympathischen Figuren mit ihren Stärken und Schwächen nimmt und wie wichtig ihm Florians Geschichte ist. Zum einen muss Florian lernen, sich von seinem Vater abzugrenzen und seinen eigenen Weg zu gehen, zum anderen muss er seine Unsicherheiten zulassen. Aber auch Hanno muss sich verändern. Rührend komisch zeigt Ranisch, wie dieser versucht, sich mit dem Coming-Out seines Sohnes abzufinden und sich dabei von niemand anderem als Rosa von Praunheim beraten lässt. Erwachsen zu sein ist manchmal ebenso schwierig wie erwachsen zu werden. Und „Ich fühl mich Disco“ ist einer der schönsten Jugendfilme des Jahres.

Stefan Stiletto