Ich bin die Andere

Carolin führt ein Doppelgängerleben: Am Tag ist sie eine erfolgreiche Rechtsanwältin, in der Nacht jedoch verdingt sie sich unter dem Namen Carlotta als Hure. Jeden Sonntag erstattet sie ihrem Vater Karl, einem Despoten im Rollstuhl, Bericht über ihre nächtlichen Eskapaden. Karl Winter, Besitzer eines Weinguts im idyllischen Rheingau, herrscht über die ganze Familie: über die Mutter, die ihr Elend im Alkohol ertränkt, über die Haushälterin und frühere Geliebte Winters, die den Absprung in ein selbst bestimmtes Leben nicht schaffen kann, über den stummen Gutsverwalter Bruno und vor allem über seine Tochter. Carolin glaubt fest daran, dass eine Frau bis zur Hochzeit ihrem Vater gehöre und dann in den Besitz des Ehemanns überginge. Als der deutlich jüngere Ingenieur Robert in ihr Leben tritt, kommt Carolins Leben völlig durcheinander. Aber auch Robert ist von dem Gedanken besessen, die geheimnisvolle Frau besitzen und kontrollieren zu wollen.
Margarethe von Trotta („Rosenstraße“) hat in ihrer neuen Arbeit das gleichnamige Romandebüt von Peter Märthesheimer verfilmt. Peter Märthesheimer, der 2004 im Alter von 66 Jahren gestorben ist, gehört zu den bedeutendsten Drehbuchautoren der deutschen Filmgeschichte. So hat er zum Beispiel gemeinsam mit Pea Fröhlich die Drehbücher zu den Fassbinder-Filmen „Lola“, „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ sowie „Die Ehe der Maria Braun“ verfasst und erschuf die von Dieter Pfaff verkörperte Figur des Serien-Psychotherapeuten Bloch. Auch für diesen Film schrieb er zusammen mit Pea Fröhlich das Drehbuch. Wer allerdings hier das Psychogramm einer Frau, die unter einer Persönlichkeitsspaltung leidet, erwartet, wird enttäuscht. „Ich bin die Andere“ beschreibt in visuell hervorragend inszenierten Bildern allein die Zwangsvorstellungen dieser Carolin-Carlotta und das alles auf eine recht konstruierte Weise. Leidenschaftliche Gefühle werden eher behauptet, als glaubhaft dargestellt, obwohl so hervorragende Schauspieler wie Armin Müller-Stahl, Katja Riemann und August Diehl in den Hauptrollen agieren.

DVD-Bildformat: 1:2,35; 16:9
Ton: Dolby Surround, Dolby Digital 5.1
Sprache: Deutsch

Barbara Felsmann