HomeSick
Eigentlich müsste die ehrgeizige Cello-Studentin Jessica überglücklich sein. Immerhin bezieht sie mit ihrem Freund Lorenz ihre erste gemeinsame Wohnung und erhält kurz darauf eine Einladung für einen renommierten Klassik-Wettbewerb in Moskau, der ihr zum Durchbruch verhelfen könnte. Von Anfang an beschleicht die junge Frau im neuen Zuhause allerdings ein seltsames Gefühl. Ihre Nachbarin Frau Domweber – wunderbar unergründlich verkörpert von Tatja Seibt – gibt sich freundlich, scheint das Paar aber regelmäßig zu beobachten und mit kleinen Schikanen aus der Fassung bringen zu wollen. Das zumindest vermutet Jessica, die eines Tages einen Hundehaufen vor ihrer Wohnungstür findet. Während Lorenz derartige Vorfälle nicht überbewerten will, steigert sich seine Freundin in ihr Misstrauen hinein und kann sich schon bald nicht mehr auf die Vorbereitung für die wegweisende Musikveranstaltung konzentrieren.
Dass die Geschichte einen dramatischen Verlauf nehmen wird, deuten schon die ersten Einstellungen an, die das vermeintliche Ende zeigen. Regisseur und Drehbuchautor Jakob M. Erwa („Heile Welt“) kreiert in seinem zweiten Spielfilm umgehend eine unheilschwangere Atmosphäre, die durch den ausgelassenen Einzug jedoch zunächst verdrängt wird. Langsam, aber kontinuierlich schieben sich Irritationen in den Alltag des jungen Pärchens, der für Jessica zunehmend zur Qual wird. Ab und an lässt der österreichische Filmemacher die Tonspur bedrohlich anschwellen. Insgesamt hält sich das Thriller-Drama in seiner Inszenierung allerdings zurück und vertraut ganz seiner stark aufspielenden Hauptdarstellerin, die von der Kamera unablässig beobachtet wird. Auch dann, wenn andere Personen sprechen, klebt der Blick häufig an der verunsicherten Musikerin, die vermehrt Schwierigkeiten hat, Realität und Einbildung zu unterscheiden. Größtenteils beschränkt auf die charmant-ranzige Wohnung der Protagonisten und den urigen Berliner Altbau, erzeugt der Film ein Gefühl der Beklemmung und wandelt unverkennbar auf den Spuren von Regie-Altmeister Roman Polanski, der mit „Ekel“, „Rosemaries Baby“ und „Der Mieter“ seelische Ausnahmezustände in den heimischen vier Wänden auf fesselnde Weise bebildert hat. Etwas einseitig wirken Lorenz‘ Reaktionen auf den psychischen Einbruch seiner Freundin. Und im Finale droht das Geschehen zuweilen in unfreiwillige Komik abzudriften, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass man Jakob M. Erwa großen Respekt zollen muss. Mit begrenzten Mitteln – die Low-Budget-Produktion wurde teilweise über Crowdfunding finanziert – gelingt ihm ein unheimliches Kammerspiel, das nebenher auch den Leistungsdruck spürbar macht, dem heutzutage viele junge Menschen ausgesetzt sind. Nicht zuletzt im kreativen Bereich, der oftmals – so auch von Jessicas Vater – als Hobby-Spielwiese abgetan wird.
DVD Extras: Audiokommentar, Entfallene Szenen, Making of
Christopher Diekhaus
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
DVD-Bildformat: 16:9
Ton: Dolby Digital 2.0
Sprachen: Deutsch DD 2.0
Untertitel: Englisch
Anbieter
Verleih-DVDDaredo Media
Kauf-DVDDaredo Media
Video-on-DemandAlles Kino