Heli (OmU)


Der junge Mann Heli lebt mit seiner kleinen Familie in bescheidenen Verhältnissen in den verlassenen Weiten von Guanajuato, Mexiko. Mit seiner Frau Sabrina hat er ein Baby, der Vater lebt noch in dem kleinen Betonhaus sowie Helis Schwester, die erst 12-Jährige Estela. Wie sein Vater arbeitet Heli nachts in der Autofabrik, steht am Fließband der hochtechnisierten Arbeitsprozesse. Eines Tages verliebt sich Estela in den jungen Polizisten Beto, der bei einer örtlichen Spezialeinheit arbeitet. Um der Armut mit seiner jungen Freundin zu entkommen, stiehlt Beto dem korrupten Vorgesetzten ein Päckchen Kokain und versteckt es im Haus der Familie. Diese naive Tat wird das Leben aller Beteiligten von Grund auf erschüttern und zerstören. Denn als Heli das Kokain entdeckt und wegschmeißt, eskalieren die Ereignisse auf fürchterliche Weise. Bald sind nicht nur wütende Kartellbosse hinter den verschwundenen Drogen her sondern auch Spezialeinheiten der Polizei. Was folgt ist eine Spirale der Gewalt, die nicht alle Beteiligten überleben werden. Für Heli bliebt die Frage, ob Rache etwas ändert.
Die dritte Filmarbeit des 35-Jährigen spanisch mexikanischen Regisseurs sorgte auf zahlreichen internationalen Festivals für Aufsehen und ging für Mexiko ins Rennen um den Oscar für den besten ausländischen Film. In Cannes erhielt das Thrillerdrama den Preis für die beste Regie. Dem mexikanischen Autorenfilmer gelingt ein ebenso schonungslos realistischer wie stilisiert und ästhetisch anspruchsvoller Blick auf eine Wirklichkeit in seinem Heimatland, die längst alle Vorstellungskraft gesprengt hat. Denn im sogenannten Krieg gegen die Drogen sterben in Mexiko seit Jahren Tausende von unschuldigen Menschen. Abschreckungsmorde gehören zum Alltag in der Grenzregion zu den USA. Die zynische Logik der US-amerikanischen politischen PR Maschinerie, die vermeintliche Erfolge gegen Drogenkartelle öffentlich feiert, wird hier mit einer Gewalt durchsetzten Realität konterkariert. Die Menschen reagieren mit Resignation angesichts der außer Kontrolle geratenen Zustände. Dem Regisseur gelingt die Gradwanderung, die Gewalt in aller Härte, dabei auch in ihrer erschütternden Banalität zu zeigen, ohne dass sie selbstzweckhaft zum Schauwert verkommt. Wenn Heli und der junge Polizist in einem Wohnzimmer gefoltert werden, in dem Kinder und Jugendliche an der Playstation spielen, und sogar die Mutter im Nebenraum einmal schüchtern durch die Türöffnung schaut, dann zeigt das Drama die tiefe Verwüstung, welche die Gewalt in dem Land nicht nur an, sondern auch in den Menschen angerichtet hat. Die Gesichter der unbeteiligt Zuschauenden sind leer und ausdruckslos, von Drogen und der Wirklichkeit gezeichnet. Auch die Rachetat wirkt wie beiläufig, sie schafft keinerlei Genugtuung. Gleichzeitig gibt es immer wieder Familienmomente und Bilder der Landschaft, die von Schönheit, Hoffnung und Überleben erzählen. Gerade der starke Kontrast zwischen diesen beiden erzählerischen Säulen schafft eine zwingende, Gewalt-kritische Aussage, die so im Mainstream Kino nicht zu finden ist. Der Regisseur muss den Vergleich mit dem Meister des aktuellen mexikanischen Kinos Alejandro González Iñárritu (Amores Perros) oder auch dem US-Amerikaner Cary Fukunaga (Sin Nombre) nicht scheuen, die auch die Wirklichkeit Mexikos in preisgekrönten Filmen spiegeln.
Christiane Radeke
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
DVD-Bildformat: 1:1,85/16:9
Sprachen: Spanisch
Untertitel: Deutsch
Anbieter
Kauf-DVDNeue Visionen