Heart of a Dog (OmU)

Laurie Anderson ist Performance-Künstlerin, Musikerin und nun auch Regisseurin. In ihrem Werk „Heart of a Dog“ sinniert sie über die vielfältigen Erfahrungen und Sinneswahrnehmungen, die das Leben für uns bereithält. Dabei konfrontiert sie uns mit Beobachtungen und Gedankengängen, die im ersten Moment irritieren – um sich dann im eigenen Kopf festzusetzen und dort unbeirrt weiterzulaufen. Da ist zum Beispiel diese Begegnung ihrer Hündin Lolabelle mit einem Falken: Der Vogel stürzt auf sie herab, um gerade noch rechtzeitig kehrtzumachen nach der aufblitzenden Erkenntnis, dass es sich hier keineswegs um leichte Beute handelt. Doch auch ohne den Kampf bewirkt dieser Moment eine riesige Veränderung in Lolabelles Denken. Denn plötzlich ist da eine Dimension mehr: der Himmel, dem sie vorher kaum Beachtung geschenkt hat. Und nicht nur Lolabelle schaut nun immer wieder aufmerksam nach oben. Auch viele Amerikaner richten regelmäßig nervöse Blicke in die Luft – seit den Anschlägen vom 11. September.

Laurie Anderson führt uns zielsicher durch einen inspirierenden Dschungel von Geschichten. Man spürt dabei, dass sie ein außergewöhnlicher Mensch ist, der uns wirklich etwas mitzugeben hat. Vieles davon beruht auf Beobachtungen aus der gemeinsamen Zeit mit ihrer Hündin Lolabelle, der sich sehr verbunden fühlt. Es sind Momentaufnahmen, eingearbeitet in eine faszinierende und bildgewaltige Collage. Sie zieht überraschende Verbindungslinien und bewegt uns dazu, unsere Denkstrukturen und unsere Gesellschaft mit gelegentlichen Fragezeichen zu versehen. Dabei kommt sie auch immer wieder darauf zurück, was sich seit 9/11 alles verändert hat. Es sind beunruhigende Veränderungen.

Und ebenso wie sie uns vom Leben erzählt, so führt sie uns auch sanft in den Dialog zum Thema Sterben – was Laurie Anderson bei Ihrer Mutter, bei ihrem Mann Lou Reed und auch bei Lolabelle miterlebt hat. „Heart of a Dog“ ist ein trauriger Film – irgendwie. Aber er ist auch voller Hoffnung.

Nicht nur für Freigeister eine überaus wertvolle Gedankenreise.

Marius Hanke