Enola Holmes 2

Erzählerisch nicht immer rund, dafür aber gut gespielt und schnittig inszeniert: Mit der Jugendbuchadaption „Enola Holmes“, die sich um die kleine Schwester von Sherlock Holmes dreht, landete Netflix 2020 einen Hit. Auch im zweiten Teil schlüpft „Stranger Things“-Star Millie Bobby Brown in die Rolle der sich nicht unterkriegen lassenden Jungdetektivin, die einmal mehr mit den Tücken des viktorianischen Zeitalters Ende des 19. Jahrhunderts zu kämpfen hat.
Worum es in „Enola Holmes 2“ geht:
Nachdem sie ihren ersten Fall erfolgreich lösen konnte, gründet Enola Holmes ein eigenes Ermittlungsbüro – doch die Kund*innen bleiben aus oder zweifeln an ihrer Kompetenz. Eine Frau, noch dazu so jung, als clevere Spurensucherin? Schwer vorstellbar! Mehrfach bekommt sie solche und ähnliche Aussagen um die Ohren geknallt. Frustriert will Enola aufgeben, als plötzlich ein kleines Mädchen mit der Bitte auftaucht, die verschwundene Sarah Chapman zu finden. Enola muss nicht lange überlegen und stellt nur wenig später verdeckte Nachforschungen in der Streichholzfabrik an, in der die Vermisste hart schuften musste. Bei ihren Recherchen kreuzt sie auch den Weg ihres großen Bruders Sherlock, der seinerseits an einem kniffligen Fall arbeitet. Enola ist sich irgendwann sicher, dass sie es mit einer in hohe Kreise führenden Verschwörung zu tun hat.
Die Stärken und Schwächen von „Enola Holmes 2“:
Was sehr schnell klar wird: Harry Bradbeer behält den flotten, verspielten Inszenierungsstil des ersten Teils bei, der ebenfalls unter seiner Regie entstand. Regelmäßig werden Rückblenden in die Haupthandlung eingebaut. Immer wieder schieben sich animierte Aufnahmen zwischen die Realfilmbilder. Und erneut wendet sich die Protagonistin mit ihren häufig augenzwinkernden Kommentaren direkt an das Publikum. Dank dieser Kniffe versprüht „Enola Holmes 2“ Energie, kommt nicht ins Stocken. Gerade die offensive Ansprache der Zuschauer*innen hätten die Macher*innen aber noch gewitzter einsetzen können. Die Titelheldin wird einerseits als wortgewandte, selbstbewusste Kämpferin gezeigt, die sich dagegen auflehnt, dass Frauen in der viktorianischen Gesellschaft keine beruflichen Ambitionen haben sollen. Andererseits darf sie hin und wieder auch an sich zweifeln, was sie zu einer vielschichtigen Figur macht. Einer Figur, die Millie Bobby Brown abermals mit Schwung und Charisma verkörpert. Weil in der Fortsetzung Enola und ihr Umfeld nicht mehr vorgestellt werden müssen, kann sich der Film stärker auf den Kriminalfall konzentrieren. Der Plot schlägt ein paar Haken mehr, wirkt etwas komplexer und verbindet, ähnlich wie im Ursprungswerk, Erdachtes mit historischen Begebenheiten. Weibliche Selbstbestimmung und kapitalistische Ausbeutung sind die zentralen Themen, wobei „Enola Holmes 2“ leider nicht von einer lästigen Neigung des Vorgängers lassen kann: Gelegentlich werden uns die Botschaften mit dem Holzhammer eingetrichtert, obwohl das Geschehen aussagekräftig genug ist. Fans prächtiger Kostüme und liebevoll ausgestatteter Schauplätze kommen zweifellos auf ihre Kosten. Hier und da, vor allem, wenn Enola in die Welt der armen Arbeiterinnen eintaucht, sehen die Bilder aber einen Tick zu sauber aus. Etwas dreckiger hätte es manchmal gerne werden dürfen!
Christopher Diekhaus
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe