El Viaje - Ein Musikfilm mit Rodrigo González
Rodrigo González ist Bassist der deutschen Punkrock Band „Die Ärzte“, die seit mittlerweile 30 Jahren Erfolgsgeschichte schreiben. Der gebürtige Chilene kam 1974 mit sechs Jahren nach Deutschland. Die Eltern waren auf der Flucht vor dem Pinochet-Regime, wurden wie Tausende andere nach dem Militärputsch als Anhänger der sozialistischen Allende Regierung verfolgt und mit dem Tode bedroht. Bis heute ist die Geschichte Chiles untrennbar mit dem Putsch von 1972 verbunden. Damals gab der „Canto Nuevo“ mit bis heute in ganz Lateinamerika verehrten Sängern wie Victor Jara und Violeta Para der Protestbewegung eine Stimme.
Rodrigo reist nach Chile, um seine musikalischen Wurzeln zu erkunden, um Musiker von damals, aber auch eine neue Generation von politisch geprägten Sängern zu treffen. Sein Freund Nahuel Lopez, der mit dem Dokumentarfilm seinen ersten Langfilm als Regisseur vorlegt, begleitet den Ärzte-Bassisten auf dieser Reise zwischen Familiengeschichte, Erinnerungen und gegenwärtigen sozialen Strömungen. Zunächst trifft Rodrigo seinen alten Freund Macha, der mit der Band Chico Trujillo irgendwo zwischen Punk und Folklore traditionelle Lieder mitreißend neu interpretiert und damit ganze Stadien in Chile füllt. Rodrigo trifft andere junge Musiker, so auch Camila Moreno, die 2009 für einen Grammy nominiert wurde. Moreno wird oft mit der Nationalikone Violeta Para verglichen. Der Shooting Star widerspricht vehement. Nationalismus habe als Konzept keine Bedeutung für sie. Es gehe ihr vielmehr um die Kraft der Musik und einer Stimme wie der von Para, um eine Haltung.
Die Tradition des Widerstands spiegelt sich in allen Begegnungen dieser musikalischen Spurensuche. Ob Rodrigo in seinem Geburtsort Valparaíso eine Punk-WG besucht und über die Proteste gegen multinationale Lachsfarmen redet, welche die regionale Fischerei zerstören; ob er mit einem Liedermacher von damals das Stadion in Santiago de Chile besucht, in dem Tausende Pinochet Gegner gefoltert und ermordet wurden; von einem Charango Bauer – eine kleine Gitarre, die traditionell aus einem Gürteltier gemacht wurde – erfährt, dass dieses Instrument der Protestlieder bis heute verboten ist und am Ende seiner Reise mit Mapuche Indianern spricht; immer ist die Politik und Geschichte des Landes präsent. Dabei geht es nicht um nationale Traditionen, sondern eine Musik, die vielmehr eine Synthese aller Musikstile Lateinamerikas darstellt.
Die Musik steht als Ausdrucksform für die Identität des ganzen Kontinents in einer Haltung des Widerstands. So berichten die Nachkommen der Mapuche Indianer, dass sie heute als „Terroristen“ verfolgt werden, nur weil sie ihr Land zurückfordern. Rund um den Lleu-Lleu See wurde ihr enteignetes Land durch Monokulturen zerstört. Der Film ist gehalten im Stil eines Reisetagebuchs, in dem sich der Erzähler, Rodrigo González, angenehm zurückhält. Seine Kommentare aus dem Off sind sehr persönlich, auch bescheiden. Einige Erkenntnisse schließen direkt an das gegenwärtige Lebensgefühl in Europa an, Gedanken über Politik, die negativen Auswüchse des Nationalismus, und die Kraft grenzensprengender Musik. Am Ende gibt es einen Gänsehaut-Moment, als der Protagonist die Band Chico Trujillo bei einem riesigen Open Air Konzert begleitet und das Publikum den Refrain mitgrölt. Hier findet der Film einen schönen Bogen zu seinem Thema, eben die widerständige Kraft von Musik, außerdem erinnert der Auftritt an Konzerte der „Ärzte“ und zeigt, wie Massen bewegt werden können. Solide, auch etwas bedächtige, aber durchaus sehr interessante Musikdoku.
Christiane Radeke
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
DVD-Bildformat: 16:9
Sprachen: Deutsch/Spanisch
Untertitel: Deutsch/Spanisch
Anbieter
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