Eismayer
Was dich in „Eismayer“ erwartet?
Der Vizeleutnant Charles Eismayer verlangt als Ausbilder im österreichischen Bundesheer von den Rekruten Gehorsam, Disziplin und höchsten körperlichen Einsatz. Wer beim Training schwächelt, wird beispielsweise als „Muttersöhnchen“ beschimpft und aufgezogen. Wer aufmuckt, wird niedergebrüllt und darf bis zur Erschöpfung Push-ups machen. In der Truppe hat sich Eismayer, der mit Leib und Seele Soldat ist, dank seiner Macho-Rituale Respekt verschafft. Allerdings hält sein Chef Karnaval die rüden Methoden für veraltet.
Doch dann übernimmt Eismayer eine neue Gruppe junger Rekruten. Unter ihnen fällt sofort der attraktive Mario Falak auf, der offen zu seiner Homosexualität steht. Bei einer schwierigen Geländeübung kommen sich Eismayer und Falak näher. Das bringt den Vizeleutnant ins Schleudern, denn er ist homosexuell und fürchtet, im Job ausgegrenzt zu werden, wenn er geoutet wird. Privat gibt er sich als liebevoller Familienvater, der jedoch sein Doppelleben vor seiner Frau Christine und dem kleinen Sohn Dominik verbirgt. Als Eismayer sich in Falak verliebt, offenbart er sich seiner Frau, die mit Dominik auszieht. Doch dem gemeinsamen Glück zwischen Eismayer und Falak steht bald schon eine Diagnose im Weg: Bei Eismayer wird Lungenkrebs entdeckt.
Was ist so besonders an dem Drama?
Für sein temporeiches Spielfilmdebüt ließ sich Regisseur David Wagner von einem realen Fall in seinem Heimatland Österreich inspirieren, von dem er schon während seines Wehrdienstes 2001 Geschichten vernahm. Als jener Vizeleutnant 2014 tatsächlich einem jungen Rekruten in Galauniform auf dem Kasernenhof das Ja-Wort gab, begann Wagner zu recherchieren und führte mit dem Paar und vielen Soldat*innen Interviews. Aus dramaturgischen Gründen weicht seine Erzählung in vielen Einzelheiten von den realen Ereignissen ab.
Getragen wird das Drama, das neben überraschenden Wendungen auch mit einer guten Portion Ironie punkten kann, von einem ausgezeichneten Darsteller-Duo. Luka Dimić glänzt in seiner Rolle als Mario Falak als furchtloser Rekrut, der auch in der Truppe nicht den Mund hält, während Gerhard Liebmann es schafft, die innere Zerrissenheit des einsamen Ausbilders Charles Eismayer glaubhaft zu machen.
Der Film, der zu Beginn auf den Spuren von Militärfilmen wie „Full Metal Jacket“ (1987) oder „Moffie“ (2020) wandelt, zielt nicht auf ein herkömmliches Coming Out. Regisseur Wagner will vielmehr mit einem überholten Männerbild abrechnen, indem er Eismayer zunächst scheitern lässt. Stattdessen plädiert Wagner für Toleranz und Freiheit in der sexuellen Orientierung. Das offenbart schon das bemerkenswerte Verständnis, das die jungen Rekruten Falak entgegenbringen. Am klarsten aber zeigt sich dies in einer bewegenden Schlüsselszene kurz vor Schluss. Dort fragt Dominik seinen Vater direkt und frei von Vorurteilen: „Wie heißt dein neuer Freund?“
Reinhard Kleber
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Anbieter
FilmverleihSalzgeber