Ein königlicher Tausch


Frankreich 1712. Bereits im Alter von zwei Jahren ist Louis XV. Thronfolger seines Urgroßvaters, des Sonnenkönigs, der drei Jahre später verstirbt. Bis zur Volljährigkeit des jungen Königs an seinem 13. Geburtstag übernimmt Herzog Philipp von Orléans die Regierungsgeschäfte als Regent. Da der lange und blutige Erbfolgekrieg Frankreich wie Spanien sehr geschwächt hat, vereinbart dieser mit dem spanischen König Philipp V. die Verlobung des 12-jährigen Königs mit der 3-jährigen Maria Anna Victoria von Spanien. Gleichzeitig wird der 14-jährige spanische Thronfolger Don Luis mit der 12-jährigen Louise Elisabeth von Orléans verheiratet. Auf diese Weise, so hoffen die Höfe, ist die Versöhnung der Königshäuser langfristig gesichert. In einem prunkvoll arrangierten Zeremoniell werden die Prinzessinnen ausgetauscht.
Während die wohlerzogene kindliche Infantin bei den Damen des französischen Hofes immer beliebter wird, entspricht Louise Elisabeth nicht den Vorstellungen des spanischen Königshauses, denn sie ist aufmüpfig und weigert sich, die Ehe zu vollziehen.
Regisseur Marc Dugain, in Frankreich gefeierter Bestsellerautor, inszeniert die Geschichte des Prinzessinnentauschs mit akribischer Detailverliebtheit. Die Nähe zur katholischen Kirche, die Inquisition, die Ränkespiele, die Verkuppelungen – die Unmenschlichkeit des Lebens im inneren Kreis der Königshäuser wird von Marc Dugain subtil seziert. Ein einziges Mal durchbricht in diesem Film jemand aus der Bevölkerung Frankreichs die royalen Bilder. Ein Mädchen betritt den Weg, den die Kutsche von Louise Elisabeth gen Spanien nimmt, und wird von einem Diener sofort verscheucht. Der Film beginnt mit Bildern, die Gemälden gleichen, die Kamera folgt den Figuren respektvoll distanziert, offenbart jedoch mit jeder Einstellung neben den diplomatischen Machtspielen der Monarchie auch die Emotionen, die dahinter verborgen ein Eigenleben führen. Und so ist es nicht die herausragende Gestaltung von Szenenbildern und Kostümen, die den Film sehenswert machen, sondern vor allem die sorgfältige Charakterzeichnung jeder Figur des Films und natürlich das grandiose Darsteller-Ensemble.
Marc Dugain hat in seinem Drehbuch jeder Figur eine große Tiefe verliehen. Während die Erwachsenen ihre Positionen in diplomatischen Gesprächen ausloten, wirken das Kind und die Jugendlichen noch relativ unverdorben. Die königliche Infantin, großartig gespielt von Juliane Lepoureau, agiert beispielsweise zwischen naiver, höfischer Wohlerzogenheit und kindlichem Rollenspiel mit Puppen. Auch Igor Van Dessel, der als junger französischer König zwischen Intrige und Glaubwürdigkeit mit seinen Zweifeln zurechtkommen muss, gelingt eine hervorragende Darstellung. Den Thronfolger und schließlich König Spaniens spielt Kacey Mottet Klein mit unverhohlener Bewunderung für seine junge Frau, in die er zweifellos verliebt ist und die er intensiv begehrt. Deren Rolle, verkörpert von Anamaria Vartolomei, hat dagegen weniger Nuancen und lässt die Schauspielerin deshalb etwas blasser erscheinen.
Rotraut Greune