Die Witwe von Saint Pierre

Im Jahr 1849, ein Jahr nach der französischen Revolution, steht die Neufundland vorgelagerte Insel von Saint-Pierre et Miquelon unter französischer Militärverwaltung. Als ein schiffbrüchiger fremder Seemann einen Raubüberfall begeht, wird er nach französischem Recht zum Tode verurteilt. Da es auf der Insel weder einen Scharfrichter noch eine Guillotine gibt, fordert die Stadtverwaltung Unterstützung aus dem fernen Frankreich an. Unterdessen nimmt sich die Frau des Militärkommandanten des reuigen Häftlings an und schafft es, ihn zu resozialisieren. Der Fremde macht sich überall nützlich, rettet sogar Menschenleben und gründet eine Familie. Niemand auf der Insel ist mehr bereit, Hand gegen ihn anzulegen, mit Ausnahme einiger Stadthonoratioren, die um Recht und Ordnung fürchten. Als ein Schiff neben einem Fallfall auch mittellose Einwanderer auf die Insel bringt, die sich erpressen lassen, soll das Urteil vollstreckt werden. In ergebener Liebe zu seiner Frau versucht der Stadtkommandant, das zu verhindern und wird deshalb von seinen politischen Gegnern als Meuterer denunziert, was nach geltendem Militärrecht mit dem Tod durch Erschießen
geahndet wird.

Eigentlich sind es mindestens zwei Geschichten, die der französische Regisseur Patrice Leconte geschickt zu einer Parabel über die Macht der Liebe und die Ideale der französischen Revolution im Spannungsverhältnis von Rache und Vergebung verknüpft. Da ist zum einen die von unbedingtem Vertrauen geprägte Beziehung zwischen dem französischen Stadtkommandanten und seiner Frau, die ihrem Mann zuliebe auf ein bequemes Leben in Paris verzichtet hat und ihm auf die von der Welt
abgeschiedene Insel gefolgt ist. Umgekehrt erfüllt er ihr jeden Wunsch und riskiert sogar sein Leben, als er seine schützende Hand über die von tiefer Humanität getragene, rein platonische Beziehung zwischen seiner Frau und dem zum Tode verurteilten Häftling legt. Anhand der Geschichte des Todeskandidaten und der Menschen, die
sich gegen dieses Urteil wenden, zeigt der Film wie kaum ein anderer die Absurdität der Todesstrafe und plädiert dafür, selbst einem Mörder die Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu geben, wenn er bereit ist, zu seiner Schuld zu stehen und dafür zu büßen. Seinen eigenwilligen Reiz gewinnt der in historischem Ambiente angesiedelte stille Film durch die
drei international bekannten Hauptdarsteller, besonders bemerkenswert der bosnische Regisseur Emir Kusturica, der für die Rolle des reuigen Mörders in seiner Mischung aus Wildheit und Sensibilität ausnahmsweise einmal vor die Kamera getreten ist.

DVD-Bildformat: 1:2,35
Ton: HiFi Stereo, Dolby Digital 2.0
Sprachen: Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch
DVD-Extras: Originaltrailer, Audiokommentar, Interviews, Trailer

Holger Twele