Die Tribute von Panem 4 – Mockingjay, Teil 2
Im vierten und letzten Teil der Dystopie wird die Situation für Katniss Everdeen zusehends unübersichtlich, dabei muss sie den finalen Aufstand gegen das Kapitol anführen. Alptraumhaft haben sich die Grenzen verwischt, und sogar bis ins Innerste der Menschen verschoben. Nach der Befreiung der Hungerspiele-Sieger durch die Rebellen unter der Führung der ebenso charismatischen wie machtbewussten Präsidentin Alma Coin wurde Katniss von ihrem innigsten Freund Peeta angegriffen, der durch Gehirnmanipulation ein erbitterter Feind geworden ist. Ein traumatisches Erlebnis, das Katniss psychisch und körperlich gezeichnet hat. Nach und nach lassen die Wirkungen der Gehirnwäsche nach, aber Peeta hat weiterhin Schwierigkeiten zwischen Realität und Täuschung der eigenen Sinne zu unterscheiden. Die Rebellion hat sich zu einem Bürgerkrieg ausgewachsen. Die Fernsehkamera ist dabei eine der schlagkräftigsten Waffen. Katniss finale Mission soll in Propagandaspots dokumentiert werden, bis hin zur Hinrichtung Präsident Snows. Die Präsidentin will auf diese Art zwar Katniss Status als Symbolfigur für den Kampf propagandistisch nutzen, gleichzeitig missfällt ihr die große Macht der jugendlichen Anführerin. Vor allem da Katniss nach ihrem eigenen moralischen Kompass Wege jenseits ihrer Befehle beschreitet. Mit einer Elitetruppe bestehend aus ihrem Jugendfreund Gale, dem Hungerspiele Überlebenden Finnick, dem genesenden Peeta sowie Kampfspezialisten und einem TV-Team will Katniss in die geheime militärische Kommandozentrale des Kapitols vordringen, Snow persönlich hinrichten und damit den Krieg endgültig beenden. Doch Snow hat die Straßen zur Zentrale mit Kapseln gepflastert, die lebensgefährliche Explosionen verursachen, inklusive Live-Übertragung ins Fernsehen. Der Zugang gestaltet sich überaus gefährlich. In der Kanalisation kommt es zu einer grauenhaften Mutantenattacke, Teermassen wälzen sich durch die Straßen. Vor dem Kapitol wird eine Menge Zivilisten zusammengetrieben, Kinder in den vordersten Reihen, die schließlich heimtückisch attackiert werden. Katniss kann nicht glauben, was hier geschieht. Aber steckt wirklich Präsident Snow hinter dieser perfiden Grausamkeit?
Der Abschluss der Erfolgssaga wartet mit den üblichen Versatzstücken auf: viel Action und harte Rückschläge für die Heldin, eine Prise Romantik und Bildtableaus die faschistoide Systeme heraufbeschwören,. Der Zuschauer bleibt auch in diesem Teil stets ganz bei der Protagonistin, die mit stabiler und zutiefst moralischer Entscheidungskraft durch das unübersichtliche Dickicht aus Intrigen, Machtspielen und Kriegsszenarien, Progaganda und Persönlichkeitsmutationen steuert. Diese spannenden und auch politisch relevanten Themen verpuffen dann aber im letzten Drittel des Films in eine zwar leidlich überraschende, dann aber doch irgendwie allzu simple Wendung, in der eine schlichte Antwort auf das überaus komplexe Thema Bürgerkrieg gegeben wird. Tyrannenmord und dann ganz schnell ein Happy-End? Ein bisschen mehr Ambivalenz, Ecken und Kanten hätten dem großen Erzählbogen der Dystopie gut getan. Auch das Liebesdreieck wird einfach zügig aus der Welt geschaffen, damit der märchenhaften Idylle am Ende nichts mehr im Wege steht. Zu Gute halten muss man dem Franchise, dass auch in dem großen Finale nicht die Heldentaten im Mittelpunkt der Erzählung stehen, sondern die Versehrungen, die alle Beteiligten erlitten haben. Das ist nach wie vor eine starke Aussage, die dann aber von den allzu kitschigen Schlussbildern ausgehebelt wird.
Christiane Radeke
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe