Die Maisinsel
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Im Frühling bringt die Schneeschmelze aus den Bergen des Kaukasus ein besonderes Naturphänomen hervor. Kleine fruchtbare Inseln entstehen durch angeschwemmte Erdbrocken im Grenzfluss zwischen Georgien und Abchasien. Hier will der alte Bauer Abga den Naturgewalten trotzen und mit Hilfe seiner etwa 14-Jährigen Enkelin Asida Mais anbauen. Mit einfachsten Mitteln bauen sie eine Hütte, fangen Fische mit dem Korb, graben das kleine Stück Land um, das jederzeit von den heftigen Strömungen des Flusses überflutet werden kann. Doch es ist nicht die Natur, die feindlich gesinnt ist, sondern die Menschen, die sich in einem sinnlosen Streit um das Land bekriegen. Eines Tages rettet sich ein schwer verwundeter abchasischer Soldat auf das kleine Eiland. Der alte Mann versteckt ihn vor den Georgiern, eine schlichte Geste der Menschlichkeit ohne politisches Kalkül. Asida bemerkt zur selben Zeit, dass die Tage der Kindheit gezählt sind. Die einfache Stoffpuppe landet an einem Nagel an der Wand, viel interessanter sind die in Booten vorbei patrouillierenden Soldaten, die ihr nachpfeifen, bis der Großvater einen Warnschuss abgibt. Aber besonders hat es Asida der fremde Deserteur angetan, der nach seiner Genesung bei der Bestellung des Landes hilft. Ein kindlicher Flirt provoziert den jungen Mann, bis der Großvater wütend einschreitet.
Es wird kaum gesprochen in diesem Drama, das trotzdem in ergreifender Schlichtheit ein großes Kaleidoskop an ebenso großen Themen aufblättert. Das Erwachen der Sexualität des Mädchens, ihr Freiheitsdrang, die Naturgewalten, die immer gleichen Zyklen der Natur zwischen Wachstum und Zerstörung. Und in all dem eine einfache Allegorie auf die Absurdität des Krieges. Der Großvater sagt: Das Land gehört dem, der es geschaffen hat. Die Soldaten respektieren die Bemühungen des Alten, gleichwohl führen sie in den umliegenden Wäldern einen sinnlosen Krieg um Land und Boden. Regisseur George Ovashvili verwirklicht in 15 Jahren seinen zweiten Spielfilm über den Grenzfluss Enguri und den schwelenden militärischen Konflikt zwischen Georgien und der abtrünnigen Provinz Abchasien. Aber fernab von diesen realen Begebenheiten schafft das Drama eine ebenso geradlinige wie tiefgründige Allegorie auf existenzielle Fragen. Eine filmische Meditation über Natur und Gesellschaft, eine Gesellschaft die hier in ihren Abgründen gezeigt wird und am Ende vom Kreislauf der Naturgewalt überrollt wird. Für heutige Sehgewohnheiten sind die langen Einstellung und die wenigen Dialogen sicher eine Herausforderung. Und trotzdem ist der Film nie langweilig, weil er eine untergründige Spannung in jeden Blick und jede Geste legt. Es sind die Blicke, welche die eigentliche Geschichte erzählen. Besitzergreifende und niederträchtige der in Booten vorbeifahrenden Soldaten auf das junge Mädchen, die Augen Asidas, wenn sie heimlich die Pflege des Verwundeten beobachtet, wenn sie kokett die Reaktionen des Soldaten erwartet und wenn sie dann wütend dem Großvater trotzt. Die Augen des alten Mannes sind wiederum voller Liebe, wenn er die Enkelin bei der täglichen Arbeit betrachtet. Mit diesen ergreifend einfachen Mitteln und einer faszinierend vielschichtigen Filmsprache konnte der Arthaus Film auf internationalen Festivals viele Preise gewinnen und wurde von Georgien ins Rennen um den Ausland Oscar geschickt.
Christiane Radeke
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch DD 5.1/Georgisch
Untertitel: Deutsch
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