Der Baum der Helden

Für die meisten Chinesen war die Zeit der Kulturrevolution alles andere als revolutionär, sondern bitterer Ausdruck einer menschenverachtenden Politik, die viele Familien auseinander riss. Tausende von Schülern und Studenten wurden in den 70er-Jahren aufs Land verschickt, um sich mit harter Arbeit ganz der kommunistischen Revolution zu widmen. Darunter auch Jing, deren Vater als Regimekritiker im Gefängnis sitzt. Jing darf nun unter keinen Umständen negativ auffallen, wenn sie noch eine Chance haben will, Lehrerin zu werden. Den Schülern wird eingebläut, sich genauso wie die Märtyrer im japanisch-chinesischen Krieg zu verhalten, deren Blut einen alten Weißdornbaum dazu veranlasst haben soll, rote Blüten zu treiben. Als sich Jing unsterblich in den Geologen Sun verliebt, den Sohn eines hohen Parteifunktionärs, müssen sie diese gefährliche Beziehung verheimlichen, allein schon wegen der großen Standesunterschiede. Dennoch geben beide die Hoffnung auf Erfüllung ihrer Liebe nie auf und übertragen den Mythos um den Baum auf ihre eigene Liebesgeschichte. Selbst als Sun an Leukämie erkrankt, muss Jing darum kämpfen, ihren Geliebten noch einmal sehen zu dürfen.

Regisseur Zhang Yimou gilt nach seinem preisgekrönten Debütfilm „Das rote Kornfeld“ (1987) als einer der wichtigsten Filmemacher in China. Sein neuer Film basiert auf dem Roman „Hawthorn Tree Forever“ des chinesischen Schriftstellers Ai Mi. Dem Regisseur kam es weniger darauf an, die politischen Repressalien unter Mao erneut an den Pranger zu stellen, obwohl er selbst ein Opfer dieser Politik war. Vielmehr richtet sich sein Fokus anhand einer ganz privaten Liebesgeschichte darauf, die in eindrucksvollen klaren Bildkompositionen gezeigte und von unbekannten Darstellern authentisch verkörperte „Reinheit“ einer bedingungslosen und überaus fürsorglichen ersten großen Liebe zu vermitteln. Eine solche Liebesgeschichte wird auf der ganzen Welt verstanden und kann als Vorbild dienen. Sie überstand diese schwere politische Zeit und überlebte sie. Es lässt sich nur darüber spekulieren, ob dieser Fokus auch der politischen Zensur geschuldet war. Fakt ist, das Zhang Yimou mit seinem Film eine der ergreifendsten Liebesgeschichten der letzten Kinojahre gelungen ist.

DVD-Bildformat: 1:2,35
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Chinesisch
Untertitel: Deutsch

Holger Twele