Days and Nights

Familienzusammenkünfte sind ja immer so eine Sache. Und wenn dabei auch noch sehr außergewöhnliche – um nicht zu sagen anstrengende – Charaktere zusammentreffen, kann die Situation schnell ausarten. Genau das zeigt Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Christian Camargo in seinem starbesetzten Erstlingswerk frei nach Tschechows „Die Möwe“.

Amerika gegen Mitte der 1980er: Gemeinsam mit ihrem Liebhaber Peter – einem berühmten Regisseur – besucht die alternde Schauspielerin Elizabeth am Memorial Day für ein paar Tage ihre Familie auf dem Land. Hier leben unter anderem auch ihr Sohn Eric, der sich in den Weiten der Performance-Kunst ausprobiert, und ihr Bruder Herb. Die Atmosphäre ist gereizt, denn keiner aus der Truppe ist wirklich zufrieden mit seinem Leben und so lässt jeder das schon beim ersten gemeinsamen Essen an den anderen aus. Dann beginnt die Situation zu eskalieren, als Erics Freundin Peter zu beeindrucken versucht und dabei auch noch auf Gegenliebe stößt. Es dauert nicht lange, bis aus Streitgesprächen und unterschwelligen Drohungen erste Handgreiflichkeiten entstehen.

„Days and Nights“ ist alles andere als leichte Kost, auch wenn der Inhalt ebenso der einer durchgeknallten Komödie mit Adam Sandler sein könnte. Doch weit gefehlt. Regisseur Christian Camargo zollt seiner literarischen Vorlage Tribut und wandelt damit fernab der typischen Hollywood-Klitsche. Der russische Schriftsteller Anton Tschechow hatte die besondere Gabe, Charaktere zu zeichnen, die den Leser und Theaterbesucher tief in den (Ab-)Grund der menschlichen Seele blicken lassen. Und genau diese Stärke schafft Camargo tatsächlich beizubehalten. Es ist ein Haufen Verrückter, der hier zusammentrifft – das sieht man gleich auf den ersten Blick –, und doch ist jeder von ihnen ein Mensch wie du und ich. Jeder von ihnen trägt seine unterdrückten Probleme mit sich, die irgendwann zur falschen Zeit aus ihm herausplatzen: Da ist die ehemalige Filmdiva, die noch nicht einsehen will, dass sie ihren Zenit schon weit überschritten hat; da ist der erfolglose Künstler, der genau weiß, dass seine Freundin nur bei ihm ist, weil es gerade niemand Besseren gibt; da ist das Ehepaar, das sich immer weiter auseinanderlebt und darauf nur mit gegenseitigen Sticheleien zu reagieren weiß. Es ist schrecklich und faszinierend zugleich, dieses menschliche Drama auf dem Bildschirm zu beobachten. Leider weist „Days and Nights“ trotz wundervoller Momente auch einige Schwachstellen in der Story auf und lässt den Zuschauer so mit einem unbefriedigenden Gefühl zurück. Das ist schade, denn mit dem grandiosen Cast rund um Katie Holmes („Hüter der Erinnerung – The Giver“, „Dawson’s Creek“), Jean Reno („Léon – Der Profi“, „Die purpurnen Flüsse“) und William Hurt („Dune – Der Wüstenplanet“, „Into the Wild“) hätte man sicher einiges mehr rausholen können. Nichtsdestoweniger ist der Film einen Blick wert für all jene Arthouse-Fans, die sich von philosophischer Verschlungenheit nicht schrecken lassen.

Blu-ray-Bildformat:1:1,85/1080p
Ton:dts HD 5.1 MA
Sprachen: Deutsch dts HD 5.1 MA/Englisch dts HD 5.1 MA
Untertitel: Deutsch

DVD Extras: Trailer

Blu-ray Extras: Trailer

Marius Hanke