Colossal

Als die arbeitslose Autorin Gloria mal wieder nach einer durchzechten Partynacht verkatert nach Hause kommt, schmeißt ihr entnervter Freund Tim sie kurzerhand aus der gemeinsamen New Yorker Wohnung. In ihrer Not macht sich die orientierungslos durchs Leben driftende Alkoholikerin auf den Weg in ihren Heimatort, um fürs Erste in ihr leerstehendes Elternhaus zu ziehen. Dort angekommen, begegnet sie ihrem alten Schulfreund Oscar, der die Bar seines verstorbenen Vaters übernommen hat und Gloria einen Job als Kellnerin anbietet. Als die junge Frau eines Morgen abermals mit einem dicken Schädel aufwacht, stellt sie mit Entsetzen fest, dass in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul aus dem Nichts ein gigantisches Monster erschienen ist und Teile der Stadt in Schutt und Asche gelegt hat, nur um ebenso plötzlich wieder zu verschwinden. Nach einigen weiteren Verwüstungsauftritten, die von den Medien eifrig begleitet werden, begreift Gloria, dass sie in einer besonderen Verbindung zu der riesigen Kreatur steht, deren Bewegungen sie offenbar steuern kann.

Schon der Handlungsabriss lässt erahnen, dass Regisseur und Drehbuchautor Nacho Vigalondo eine Geschichte erzählt, die ausgetrampelte Pfade verlässt. Nach seinem formal höchst experimentellen Cyber-Thriller Open Windows, der sich erzählerisch stark verhedderte, legt der Spanier mit „Colossal“ eine originelle Arbeit vor, die als komödiantisch angehauchtes Loser-Drama beginnt, mit Monsterfilm-Elementen kombiniert wird und irgendwann erstaunlich düstere Töne anschlägt. Obwohl die ungewöhnliche Mischung manchmal ein wenig uneben erscheint, gelingt es Vigalondo, den Zuschauer an seine Protagonistin und ihre emotionale Achterbahnfahrt zu binden. Großen Anteil daran hat nicht zuletzt eine stark aufspielende Anne Hathaway, die der verantwortungslosen Trinkerin Gloria Ecken und Kanten verpasst, ohne sie dadurch unsympathisch zu machen. Gebannt und interessiert verfolgt man ihren wendungsreichen Reifeprozess, in dessen Verlauf die junge Frau langsam lernt, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen und sich gegen männliche Bevormundung aufzulehnen. Überraschend gut fügen sich in diese Entwicklung die gelegentlichen Monster- und Zerstörungsbilder ein, die sich angesichts eines nicht gerade üppigen Budgets durchaus sehen lassen können.

Christopher Diekhaus